Transkript: Martha Bißmann bei Lou Lorenz-Dittlbacher in der ZIB2

Datum | Dienstag, 01. Juni 2018 |
Stand | Dienstag, 01. Juni 2018 |
Quelle | tvthek.orf.at |
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Lou Lorenz-Dittlbacher Journalistin ZIB2 (ORF) | ![]() ![]() ![]() |
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Martha Bißmann Nationalratsabgeordnete (PILZ) | ![]() ![]() ![]() |
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Und hier begrüße ich jetzt die Nationalratsabgeordnete Martha Bißmann, eben von der Liste Pilz. Guten Abend.
Schönen guten Abend, Danke für die Einladung.
Frau Bißmann, 223.000 Österreicherinnen und Österreicher haben im Oktober die Liste Pilz gewählt. Wenn Sie sich jetzt diesen Beitrag angeschaut haben, wenn Sie sich anschauen, was in den vergangenen Tagen und Wochen passiert ist: Können Sie da auch nur ansatzweise glauben, dass Ihre Wählerinnen und Wähler mit Ihnen und mit Ihren Kollegen zufrieden sind?
Also, es sind jetzt stürmische Zeiten, in denen wir uns gerade bewegen. Aber ich möchte eines sagen: Ich bin als junge Frau in die Politik gegangen um einiges zu bewegen in den Zukunftsthemen Klimaschutz, Umweltschutz und nachhaltige Wirtschaft im Sinne des Gemeinwohls. Und da gibt es keinen besseren Platz als das Parlament. Und das Parlament - wenn wir uns das anschauen - da sind Frauen immer noch unterrepräsentiert. Und ich verstehe, dass Peter Pilz jetzt zurück will ins Parlament. Jetzt, wo das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde. Und deshalb hat es auch das Anliegen, Überlegungen gegeben, dass ich mit ihm Platz tausche. Und ein Angebot dafür kam auch von Peter Pilz selbst. Was aber da in den Gesprächen passiert ist, nämlich, dass mir Watschen angedroht werden von Klubkollegen, und, dass da interne, hochvertrauliche Dokumente veröffentlicht wurden, die mir massiv schaden - ich erlebe einen Shitstorm da deswegen seit Tagen in den Sozialen Netzwerken. Das hat mich zu dem Entschluss gebracht: Ich lasse mich von diesen Methoden nicht einschüchtern. Und ich bleibe im Parlament und treibe diesen ganz wichtigen Themen eine engagierte und sachliche Politik voran. Und ich will auch ein Zeichen senden an alle Frauen, die so etwas täglich am Arbeitsplatz erleben in Machtverhältnissen.
Lassen Sie uns nur das ganze nach und nacharbeiten. Jetzt sind Sie ja nicht irgendeine Abgeordnete, nicht irgendeine Frau, Sie sind genau die, die nachgerückt ist, weil Peter Pilz der sexuellen Belästigung bezichtigt wurde. Diese Vorwürfe wurden jetzt von der Staatsanwaltschaft Innsbruck bekanntlich eingestellt. Er möchte wieder zurück. Wäre es da nicht gerade logisch, dass Sie auf Ihr Mandat verzichten?
Nein, das ist unlogisch. Absatz 56 in unserer Bundesverfassung regelt die Stellung der Abgeordneten zum Nationalrat und zum Bundesrat. Und darin ist kein temporärer Mandatsantritt vorgesehen.
Aber er war vor Ihnen gereiht.
Ja, das ist der Listenplatz.
Sie waren auf der steirischen Landesliste Zweite, er war Erster. Also, ich meine, das hat ja irgendeinen Hintergrund gehabt, das Pilz sowohl auf der Bundesliste als auch auf der Landesliste auf Platz 1 war. Und Sie wissen natürlich, ohne Peter Pilz würde diese Liste nicht im Parlament sitzen.
Ja, genau. Also, Peter Pilz war das Zugpferd im Wahlkampf. Aber das war schon auch ein Gemeinschaftserfolg, den wir da eingefahren haben. Und das Argument gilt aber nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen sieben Abgeordneten, die jetzt im Parlamentsklub einen Platz haben. Und, dass mit der Wahlarithmetik ergibt eben, dass ich auf dem zweiten Platz aus der Steiermark nach Peter Pilz nachgerückt bin. Aber nur deswegen, dass ich zuletzt gekommen bin, heißt noch lange nicht, dass ich gehen muss. Warum ist es die Frau, die im Fokus steht? Die Frau...
Es ist ja gar nicht die Frau, sondern es ist die, die sozusagen nachgerückt ist, weil er rausgefallen ist.
Nein, aber das ist unlogisch und das ist verfassungswidrig. Temporäre Mandate, Platzhaltermandate gibt es nicht. Das sieht die Verfassung nicht vor.
Es geht eh nicht um die Verfassung, es geht um Realpolitik. Und es geht um den Wählerwillen.
Ja.
Die Menschen wollten offenbar Peter Pilz im Parlament haben und sie haben ihn jetzt nicht. Und er möchte wiederkommen.
Ja genau. Aber ich bin nicht die einzige, die ihm den Wiedereinzug oder den Ersteinzug als Listen-Pilz-Führer ermöglichen kann. Da bin ich nicht die Einzige.
Gut, dann kürzen wir es ab: Sie wollen bleiben. Wer soll dann gehen?
Ich bleibe, ich habe mich entschieden.
Aber wer soll... Wollen Sie Peter Pilz im Nationalrat haben?
Ja, ich will Peter Pilz im Nationalrat haben.
Wen wollen Sie nicht haben? Wer soll verzichten?
Es ist nicht mein Stil, da jetzt Namen zu nennen. Das ist eine persönliche Entscheidung. Ich würde mich aber freuen, wenn die Personen im Nationalrat bleiben, die eine Zukunft vor sich haben, die auch an eine Wiederwahl denken, ein Wiederantreten, ein wieder auf der Wahlliste zu stehen beim nächsten Mal und die Zukunft gestalten und damit Engagement und viel Kraft und Jugendlichkeit eben an die Sache rangehen.
Gut, es gibt eine Möglichkeit, wie es auch noch funktionieren könnte. Peter Kolba, der bisherige Klubobmann hat gestern sein Mandat zurückgelegt bzw. er hat es gestern angekündigt, heute vollzogen. Nächste auf der niederösterreichischen Landesliste, über die er eingezogen ist wäre die Maria Stern. Wenn sie jetzt verzichtet, könnte der Kollege Noll auf die niederösterreichische Liste wechseln und dann könnte Peter Pilz über die Bundesliste einziehen. Soll das passieren? Soll Maria Stern auf ihr Mandat verzichten?
Das ist tatsächlich möglich. Das ist aber eine persönliche Entscheidung von Maria Stern. Ich würde mich freuen, wenn wir eine weitere Frau im Parlamentsklub dazubekommen. Aber wie gesagt, das ist ihre persönliche Entscheidung.
Aber Sie geben jetzt keine Empfehlung ab, wer stattdessen, statt, für Peter Pilz Platz machen soll. Richtig?
Naja, einige meiner Kollegen sind schon im pensionsreifen Alter und...
Sie meinen die neuen Klubobleute?
Zum Beispiel.
Die haben mit Ihnen ja kein... Also die sind nicht wahnsinnig glücklich, dass Sie im Parlamentsklub bleiben. Das hat man gestern ganz eindeutig gehört...
Mmmm.
...bei der Pressekonferenz. Sie haben eigentlich gesagt, das liegt jetzt an Ihnen. Sehen Sie Möglichkeit mit diesen beiden Herrschaften zusammenzuarbeiten, wenn die so ein Problem mit Ihnen haben? Also, wir können es uns eigentlich nicht vorstellen.
Ich kann es mir vorstellen. Absolut. Wir sind vernünftig, erwachsene, professionelle Politikerinnen und Politiker. Wir müssen an morgen denken und an übermorgen und die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen. Sobald da eine Entscheidung getroffen ist und sobald klar ist, wie Peter Pilz zurück kann in den Nationalrat wird es auch wieder konstruktive offene Gespräche geben können. Und wir werden uns wieder Sachpolitik widmen. Weil dafür sind wir angetreten und das erwarten unsere Wählerinnen und Wähler von uns.
Vor wenigen Tagen haben Sie sich vorstellen können nicht im Parlament zu bleiben. Da ist diese Punktation eben öffentlich geworden. Sie wollten geschäftsführende Parteiobfrau werden, Sie wollten Platz 1 oder Platz 2 bei der Europawahl werden oder bekommen. Sie wollten, dass Bruno Rossmann die Partei verlässt. Fast alles ist Ihnen zugesichert worden. Warum haben Sie dann zurückgezogen?
Also, erstmal in dieser Punktation, die ja leider veröffentlicht wurde, ging es nicht um meine eigene persönliche Situation in dem Wechsel. Sondern, das war ein gemeinschaftlich erarbeitetes Dokument, wo viele längst überfällige Beschlüsse eingearbeitet worden sind. Und die Erstversion, die erste Punktation in Stichworten kam von Peter Pilz selbst.
Das heißt, das waren nicht Ihre Bedingungen, sagen Sie jetzt?
Nein, ich habe sie noch abgeändert und wir haben das besprochen im Team, da waren mehrere Leute daran beteiligt.
Wer war da aller beteiligt?
Personen aus dem engsten Umfeld vom Klub und von der Partei.
Also Nationalratsabgeordnete.
Auch. Ja, genau. Auch.
Aber nicht nur.
Aber nicht nur. Auch Leute aus der Partei und eben wie gesagt Peter Pilz selbst. Federführend.
Und der bisherige Klubobmann auch? Peter Kolba, war der eingebunden?
Nicht direkt...
Und die jetzigen Klubobleute? Zinggl und Rossmann?
...aber ich weiß, dass er einige von diesen Vorschlägen sehr gut fand und immer wieder dafür plädiert hat, dass wir das machen, dass wir die Partei öffnen, dass wir die jungen, kompetenten Leute da reinholen, die eben die Zukunft noch vor sich haben.
Und wollten Zinggl und Rossmann, dass Sie geschäftsführende Parteiobfrau werden?
So viel ich weiß, waren die dann damit einverstanden. Ja.
Diese ganze Geschichte ist publik geworden. Und dann hat man gesagt: Was ist denn das für eine Geschichte? Da gibt es eine Frau, die stellt Bedingungen, sozusagen Tauschgeschäfte. Die möchte ihr Mandat nur dann zurücklegen, wenn sie ganz viel dafür bekommt. Man hat das sogar in den Bereich der Korruption gerückt. Ist das das Bild, das die Liste Pilz abgeben möchte?
Nein, aber das ist ja auch nicht richtig. Das ist juristisch völlig in Ordnung, dass eine geschäftsführende Parteiobfrau ein Gehalt bezieht in der Höhe eines Abgeordnetengehalts. Das ist ein Management-Job, der ganz viel Arbeit, ganz viel Verantwortung bedeutet, mit sich bringt. Da muss man eine österreichweite Parteibasis aufbauen. Das ist völlig gerechtfertigt. Das ist ja auch das, was Peter Pilz jetzt bezieht in der Partei. Wir hätten einfach nur getauscht.
Das heißt, Sie bleiben bei diesen Bedingungen, Sie stehen zu diesem Papier und Sie sagen: Sie bleiben Abgeordnete der Liste Pilz. Habe ich es richtig verstanden?
Völlig richtig.
Frau Bißmann, vielen Dank fürs Kommen.
Vielen Dank auch.
Quellen |
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Quelle | tvthek.orf.at |
Header | tvthek.orf.at |
Lou Lorenz-Dittlbacher (Bild) | Bundesministerium für Eu... |
Martha Bißmann (Bild) | wikipedia.org |
Statistik |
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Person | Zeichen | in % | Wörter | in % |
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Lou Lorenz-Dittlbacher |
672 | 43.7 % | 4.088 | 44 % |
Martha Bißmann |
867 | 56.3 % | 5.278 | 56 % |
Gesamt |
1.539 | 9.366 |