Transkript: Duell Norbert Hofer, Alexander Van der Bellen mit Wolfgang Fellner (oe24.tv) vom 17.11.2016.

Datum | Donnerstag, 17. November 2016 |
Stand | Transkriptstatus: Freitag, 18. November 2016, 11:00 (wird derzeit noch überarbeitet und erweitert) |
Quelle | oe24.tv |
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Wolfgang Fellner Moderator oe24.tv | ![]() |
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Norbert Hofer Bundespräsidenten-Kandidat (FPÖ) | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
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Alexander Van der Bellen Bundespräsidenten-Kandidat (unabh.) | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
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Transkript |
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Einleitung
Ja, willkommen und schönen Abend, liebe Zuseherinnen und Zuseher. Zu einem ganz, ganz spannenden Duell. Zum ersten direkten Aufeinandertreffen der beiden Präsidentschaftskandidaten in dieser Wiederholung der Wiederholung der Wahlkampfwiederholung. Das heißt: Jetzt wirds wirklich spannend. Wir haben nur noch zwei Wochen. Und es ist eine besondere Ehre für uns von oe24.tv.
Na gerne.
Aber auch ein besonderer Dank an Sie, dass wir heute dieses erste Fernsehduell ausstrahlen können. Es ist sehr starkes Social-Media-Duell auch. Wir sind live im Fernsehen aber wir sind auch live am Stream. Wissen, dass wir da sehr, sehr viele User von beiden Seiten haben, die diesen Stream begleiten. Wir sind live auf Facebook Live, wir sind live auf Facebook. Das heißt, ich danke wirklich für die Bereitschaft.
Sehr gerne.
Und wie viel Spannung da drin ist haben wir schon gesehen, als die beiden Kandidaten vor wenigen Minuten bei uns eingetroffen sind. Normalerweise sind wir ja in einer stillen Wiener Seitengasse. Aber heute, rundherum abgesperrt... Polizei und wirklich mehrere hunderte Fans...
Fans.
...die gekommen sind. Mit Luftballons. Um zuerst den Norbert Hofer zu begrüßen - er kam als erster herein [Mhm]. Und Danke vielmals fürs Kommen.
Sehr gerne.
War wirklich ein schon spannender Beginn. Und dann wirklich fast Jubelszenen als Alexander Van der Bellen kam - ein bisschen später. Jede Menge Grüne Anhänger, die mitbekommen haben, dass heute Abend TV-Duell ist. Und da auf der Straße gewartet haben. Der Verkehr musste glaube ich abgesperrt werden in der Straße. Also, passiert uns normalerweise selten...
Grünen, keinen einzigen habe ich erkannt, Herr Fellner. Aber sonst glaube ich, einfach Sympathisantinnen und Sympathisanten.
Sympathisanten und Fans, die heute gekommen sind, um Ihnen da für die heutige Diskussion alles Gute zu wünschen. Das erste Mal, dass wir so viel Fans vor einer Redaktion versammelt haben.
Hm, wirklich.
Das freut uns sehr. Und diese extreme Spannung, die vor diesem Duell liegt, hat sich auch gezeigt, als wir die User von oe24 und die Leser von ÖSTEREICH aufgerufen haben, Fragen zu schicken. Mit ein paar Hundert haben wir gerechnet. Aber es sind 11.238 Fragen geworden. Entweder wir brauchen lange oder ich siebe etwas brutal aus.
Ich habe Zeit.
Was halten Sie von Donald Trump?
Das heißt, einige von Ihnen, liebe Zuseherinnen und Zuseher, werden mit ihren Fragen hier heute vertreten sein. Und die anderen bitte ich natürlich um Nachsicht. Aber im Prinzip habe ich mein Fragenmodell so aufgebaut, dass es den Fragen der User entspricht. Und das zeigt, mit welcher Spannung wir in diese letzten zweieinhalb Wochen des Wahlkampfs hineingehen und mit welcher Spannung dieses Ergebnis erwartet wird. Und diese Spannung hat natürlich zugenommen durch den Überraschungssieg von Donald Trump in Amerika. Und sehr zu meiner Überraschung, sind die meisten Fragen gleich zu Beginn zu Donald Trump. Das heißt, die meisten User stellen eigentlich dieselbe Frage. Stellvertretend von der Isabella Saurer, die uns online geschrieben hat: Was halten Sie von Donald Trump, Herr Van der Bellen?
Hm. Nun, er hat nach amerikanischem Wahlrecht die Wahl eindeutig gewonnen. Da gibt es überhaupt nichts zu debattieren. Diese Wahl ist zu respektieren. Muss allerdings sagen, dass sein Wahlkampfstil, die Äußerungen, die im Wahlkampf gefallen sind, die sexistischen Über- und Untergriffe, die er getätigt hat, glaube ich doch inakzeptabel sind. Und auf europäischer Ebene auf kein Verständnis stoßen. Er hat außerdem inhaltlich Besorgnis ausgelöst bei uns Europäern, würde ich sagen. Es ist unklar, wie es wirtschaftlich weitergeht. Ob er das ernst meint, auch mit einem wirtschaftlichen Zaum gegenüber Mexiko. Ob er das ernst meint mit einem angedeuteten - sagen wir einmal - möglicherweise angedeuteten Rückzug aus der NATO oder jedenfalls aus der Verteidigungsbereitschaft gegenüber europäischen Staaten. Das sind alles Dinge, die Unsicherheit auslösen.
Wie gefährlich ist Donald Trump in Ihren Augen?
Geben wir ihm einige Monate Zeit. Er ist unmöglich einzuschätzen, weil er einmal das, einmal jenes gesagt hat. Ich glaube kein Kommentator der internationalen Szene, kein Beobachter, nicht einmal ein Diplomat traut sich jetzt wirklich zu sagen, wofür er wirklich steht. Jetzt warten wir ab, welche Regierungsmitarbeiter er haben wird, welche Minister er haben wird. Er wird ja erst im Jänner angelobt, formal als Präsident der USA. Dann wird man weitersehen.
Sie waren im Vorfeld ja sehr kritisch. Haben gesagt, das wäre eine Katastrophe, wenn Trump...
Ich war sehr kritisch, obwohl ich auch meine Vorbehalte gegenüber Hillary Clinton habe. Aber Hillary Clinton hat zumindest sehr viel politische Erfahrung. Sie hat außenpolitische Erfahrung. Sie ist in der Welt herumgekommen wie sonst kaum jemand derzeit. Und so hätte ich ihr verschiedene Dinge nachgesagt.
Und ist das jetzt eine Katastrophe, der Trump-Wahlsieg?
Das hoffe ich nicht. Ich würde Sie nur noch auf eines hinweisen, bevor wir uns so auf Trump konzentrieren. Hillary Clinton hatte die Mehrheit der Stimmen. Und zwar nicht 30.000...
Aber Trump ist Präsident.
..., sondern wahrscheinlich an die zwei Millionen. Trump ist Präsident nach amerikanischem Wahlrecht.
Sie hatten auch die Mehrheit der Stimmen und wir wählen noch einmal.
(lacht). Ja.
Aber wir haben glaube ich zum Thema Trump hier spannende Gegensätze. Denn Sie, Herr Hofer, sind ja eigentlich bekennender Trump-Fan.
Nein, ich bin kein Trump-Fan. Ich habe Trump nach der Wahl gratuliert. Gemeinsam mit meinen Kollegen Doris Bures und Karl-Heinz Kopf im Nationalratspräsidium. Ich glaube, man muss bei demokratischen Wahlen, wenn man sie aus dem Ausland kommentiert, immer sehr vorsichtig sein und verantwortungsvoll damit umgehen. Letztendlich haben die US-Amerikaner gewählt. Und das Wahlergebnis ist zur Kenntnis zu nehmen. Und man wird es auch sehen, in den nächsten Monaten, wie Donald Trump als neuer Präsident der Vereinigten Staaten auch auftritt. Ich habe die große Hoffnung, dass die Beziehungen zu Russland besser werden. Das ist ganz wesentlich, auch für die Zukunft der Europäischen Union. Dass diese beiden Supermächte besser miteinander können. Einen Weg finden, um auch für Frieden in der Welt zu sorgen. Wir haben jetzt eine Zeit erlebt - Obama hat sehr viel gut gemacht. Aber es war eine Zeit, wo es noch nie so viele Kriegstage gegeben hat in den USA wie zuvor. Und sehr, sehr viele Interventionen. Und viele dieser Interventionen haben auch Schuld an der jetzigen Flüchtlingskrise. Also ich mache mir um Trump keine Sorgen. Ich mache mir eher Sorgen um Erdogan. Das ist das, was mich mehr bewegt.
Aber da werden wir gleichkommen. Aber Sie sehen Trump positiv. Für Sie ist das ein gutes Ergebnis?
Ich sehe ein demokratisches Wahlergebnis immer so, wie es ist. Nämlich, dass die Menschen dort entscheiden. Nicht wir Österreicher, nicht die Franzosen, nicht die Engländer. Sondern wir müssen versuchen, mit diesem Präsidenten gut zusammenzuarbeiten. 50.000 Arbeitsplätz hängen davon in Österreich ab.
Elefant im Porzellanladen
Sie sehen Trump positiv. Die Beurteilung von Van das Bellen von Trump aber negativ. Sie haben ja da das etwas kecke Wort gebraucht, er sei ein 'Elefant im Porzellanladen'.
Ja, Elefanten sind ganz süße und nette Geschöpfe.
Weiß ich nicht, ob er das so verstanden hat.
Na, aber Sie kennen den Begriff. Ich glaube, man... Das habe ich kritisiert. Man kann einen Menschen, der Präsident einer Supermacht wird und von dem Österreich dann... Da hängen viele Arbeitsplätze ab. Da kann ich nicht sagen, er ist ein Hetzer und das Wahlergebnis ist eine Katastrophe. Man kann es schon sagen, ich mache es eben nicht. Ich habe da einen anderen Zugang. Ich glaube, dass man hier sehr diplomatisch vorgehen muss. Und eben als Staatsmann.
Also ist Van der Bellen jetzt ein 'Elefant im Porzellanladen' oder nicht?
Ich sehe das nicht als Schimpfwort?
Nein?
Ja.
Naja. Ich schließe... ich treffe ein paar andere Schlussfolgerungen. Es wäre gut, wenn die USA und Russland ein halbwegs vertrauensvolles Verhältnis entwickeln. Das ist keine Frage. Aber nicht auf Kosten Europa. Nicht auf Kosten der Europäischen Union. Ich glaube, eine der Schlussfolgerungen aus dieser amerikanischen Wahl, aus dem Vorfeld und den Äußerungen von Trump... Donald Trump bisher, müsste die Folgerung sein, dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union noch näher zusammenrücken, solidarisch zusammenrücken, um nicht überfahren zu werden, damit sie ihre Interessen gegenüber beiden Großmächten - sowohl der USA wie gegenüber Russland - wahrnehmen können. Und insofern...
Auswirkungen vom Sieg Donald Trump auf die EU
Das ist schon die nächste Leserfrage. Der Bastian Pfeifer schreibt: Glauben Sie, dass der Wahlsieg Donald Trumps gravierende Auswirklungen auf die EU haben wird?
Wenn er auch nur einen Teil seiner Äußerungen seines Wahlkampfes versucht wahrzumachen, muss das große Besorgnis auslösen. Wenn er das nicht tut, dann nicht. Ja. Also, ich würde mal in Ruhe abwarteten, noch einmal, welchen...
Aber Sie sagen, die Europäer werden enger zusammenrücken. Das könnte ein... ein...
Sie sollten es tun. Auch die Europäer in der Europäischen Union sollten den Ausgang der amerikanischen Wahl als Weckruf verstehen. Wie bündeln wir unsere Interessen besser? Wie können wir solidarisch zusammenhalten? Auch auf - und in dem Fall natürlich ganz besonders - auf außenpolitischem Gebiet.
Soll Europa gegen Trump mobilisieren sozusagen?
Nein, auf gar keinen Fall. Also, Interessen vertreten... Ich glaube, wir haben auch gemeinsam Interessen, USA, Russland und Europa. Ich halte die Sanktionen gegen Russland für einen Fehler, den man jetzt muss auslaufen lassen. Ja, die Folgen und die Reaktionen in der Europäischen Union... Da muss man auch wieder sehr vorsichtig sein. Wenn man jetzt sagt, man will jetzt eine zentralistische Europäische Union schaffen, so wie das Otmar Karas zum Beispiel auch will. Wenn das die Antwort ist und der Entmachtung der Parlamente der Mitgliedsstaaten, dann ist es eine falsche. Oder, wenn man sagt, man schafft eine amorphe Euro-Armee. Man darf nie vergessen, dass es zwar wichtig ist, dass die Militärs zusammenarbeiten. Aber eine Einheitsarmee kann man nicht schaffen. Und ich habe heute ein bisschen recherchiert. Dr. Van der Bellen hat einmal gesagt: So etwas könnte einmal kommen, eine Europa-Armee. Sie haben damals gemeint, Sie glauben nicht, dass Sie es noch erleben werden, weil es in ganz, ganz weiter Ferne sein könnte. Aber, man sieht die Entwicklungen gehen in diese Richtungen.
Europa-Armee
Sie sind gegen eine Europa-Armee?
Na, ich sage... Van der Bellen hat dann auch gesagt: Und wenn die Europa-Armee kommt, dann sollten wir unsere Neutralität aufgeben.
Nein, Moment.
Das glaube ich eben nicht.
Sie sind gegen eine Europa-Armee?
Ich bin dafür, dass die Armeen zusammenarbeiten. Aber wir sind neutral. Und diese Neutralität dürfen wir niemals aufgeben.
Herr Professor?
Was haben wir heute für einen Wochentag? Donnerstag?
Ja.
Am Montag hat es eine Aussendung gegeben, dass Herr Hofer total für die sogenannte Euro-Armee ist. Am Dienstag hat es eine Aussendung gegeben: Nein, auf gar keinen Fall [Mhm]. Meine Position ist, also so viel zur Konsistenz von Aussagen von Norbert Hofer. Meine Position ist: Ich verstehe, dass Jean-Claude Juncker das gerade jetzt wieder sozusagen versucht hat zu thematisieren. Aber das ändert nichts daran, dass die neutralen Staaten - das heißt namentlich Irland und Österreich - selbstverständlich ihre Neutralität zu wahren haben. Das heißt: Kooperation, wenn möglich 'Ja'. Aber sicher nicht Unterstellung des österreichischen Bundesheeres unter einen Oberbefehlt von der... wo immer der dann sitzt.
Norbert Hofer zur EU-Armee (13.11.2016)
'Ja, ich bin für eine gemeinsame Armee. Das kann keine Entmachtung der nationalen Armeen sein, aber es braucht eine optimale Koordinierung. Es braucht im Ernstfall einen gemeinsamen Oberbefehl. Es wäre auch klug, bei der Beschaffung gemeinsam vorzugehen.' Auch sagte er 'Grenzschutz sei eine gemeinsame europäische Aufgabe'.

kurier.at
Quelle: kurier.at (13.11.2016 (abgerufen am 18.11.2016))
Norbert Hofer zur EU-Armee (14.11.2016)
'Eine Zusammenarbeit wie sie etwa Verteidigungsminister Doskozil fordere unterstützt Hofer. So seien mehr Kooperationen, ein gemeinsames Hauptquartier, ein Sanitätskommando oder Zusammenarbeit in der Logistik Vorschläge, die man - immer unter dem Vorbehalt der österreichischen Neutralität - durchaus weiterverfolgen könne.'
Inkludiert ist in der Pressemeldung auch ein direktes Zitat von Norbert Hofer: 'Ein Einsatz österreichischer Soldaten ist aus meiner Sicht grundsätzlich nur unter UNO-Mandat und für humanitäre Aufgaben möglich'

ots.at
Quelle: ots.at (14.11.2016 (abgerufen am 18.11.2016))
Norbert Hofer zur EU-Armee (17.11.2016)
Am 17.11.2016 kam dann die Aussage, die er auch heute in der Diskussion, fast wörtlich, gebracht hat: Es braucht eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Aber es darf keine amorphe Einheitsarmee geben. Aber eine Verzahnung, eine engere Abstimmung zwischen den nationalen Armeen, ist sicher wichtig. Ich denke etwa an die Beschaffung von Gerätschaften. Österreichs Beitrag könnte aber im Sinne der Neutralität nur humanitärer Natur sein.

tt.com
Quelle: tt.com (17.11.2016 (abgerufen am 18.11.2016))
Das heißt, Sie haben Sympathien für eine Europa-Armee aber Österreich sollte nicht mitwirken.
Österreich ist neutral und wird - solange das Neutralitätsgesetz gilt, und das ist ja immerwährend beschlossen - daran nicht mitwirken können. Jedenfalls nicht in der Form, wie sich das manche vorstellen.
Interviews, Dr. Van der Bellen. Ich zitiere: Wenn es tatsächlich eine gemeinsame europäische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik gebe, so wie ein gemeinsames europäisches Militär, dann kann die Neutralität Österreichs beendet werden. Das haben Sie wortwörtlich gesagt.
Das ist alles nicht der Fall. Derzeit sind wir neutral, wir bleiben neutral. Und was mit der Europäischen Armee sein wird, das wissen die Götter. Ich habe nur festgehalten, dass Sie am Montag das gesagt haben und am Dienstag haargenau das Gegenteil.
Nein, das ist... wenn ich das auch präzisieren darf. Ich habe gesagt: Die europäischen Militärs müssen zusammenarbeiten. Und Österreich ist neutral und muss neutral bleiben.
Am Dienstag.
Dann müssen Sie. Nein, dann müssen Sie bei der Wahrheit bleiben. Auch am Tag davor. Sie sagen die Unwahrheit. Und Sie haben auch in Ihrem Buch gesagt...
Das ist der Trick 17. Ja, ja.
...die Unwahrheit darf man in der Politik sagen.
Nein, nein.
Und Sie machen das schon wieder.
Das betrifft Sie selber, Herr Hofer.
Nein, nein, wirklich nicht.
Nein, nein. Ich habe Sie ein bisschen studiert.
Wirklich.
Was Sie jetzt machen, ist genau das, was Sie immer gemacht haben.
Aber Sie haben das in Ihrem Buch wirklich geschrieben.
Dem Gegner unterstellen, was Sie selber machen die ganze Zeit.
Gut, dann sage ich es ganz ruhig, damit uns nicht unterbrechen. Sie haben in Ihrem Buch geschrieben.
Das ist übrigens ein neues Thema, Herr Fellner, dass hier angeschnitten hat. Wenn das so ist, möchte ich noch zurückkommen auf den 'Elefanten im Porzellanladen'.
So, noch einmal. Bitte, wenn Sie mich kurz aussprechen lassen.
Immer.
Danke. Sie haben in Ihrem Buch geschrieben: In der Politik muss man auch lügen. Und ich habe den Eindruck, Sie haben vorher eine Lüge gebracht. Sie haben gesagt, ich hätte nicht gesagt im Interview, dass Österreich neutral bleiben muss. Und das ist eine glatte Lüge, Herr Dr. Van der Bellen. Eine glatte Lüge.
Das ist aber ein bisserl heftig.
Ja, aber es ist eine Lüge.
Ja, ja.
Herr Professor?
Ich bin das schon gewohnt. Aber, es ist eine interessante Fragestellung.
Sie wollten kontern. Sie haben gesagt, jetzt müssen Sie auch noch auf den Elefanten...
Ich wollte auf den Elefanten im Porz... Das ist ein ganz anderes Thema. Ein ganz anderes.
Bitte, aber trotzdem. Elefant.
Worauf der Herr Hofer nun - ganz kurz in zwei Sätzen abzuhandeln - hier Bezug nimmt. Ich habe im Parlament einmal Bundesministerin Fekter verteidigt. Da war sie Finanzministerin. Und da war ich überzeugt, dass sie das jetzt im Augenblick nicht meinen kann, was sie über die finanzielle Situation Griechenlands uns gerade sagt. Und habe dann aber überlegt... Eine Politikerin, ein Politiker muss doch überlegen, bevor er den ersten Schritt sitzt, was wird der zweite und der dritte Schritt sein und was können die möglichen Auswirkungen sein. Und insofern habe ich sie verteidigt, dass sie etwas offensichtlich Unrichtiges gesagt hat. Aber zu dem Zeitpunkt - als Ministerin - nicht riskieren konnte, dass sie Turbulenzen auf den Finanzmärkten auslöst.
So war das gemeint, dieser berühmte Satz.
So war dieser Prozess.
Herr Professor, nachdem es jetzt ja schon etwas heftiger und angriffiger wird - was wir ja in diesem Wahlkampf auch alle erwarten. Wie wird sich denn Trump auf Österreich auswirken? Gibt er Ihnen Rückenwind, weil sozusagen diese rechten Wutbürger plötzlich mobilisiert worden sind? Oder gibt er Ihnen Rückenwind, weil dich ein großer Teil der liberalen Bürger vielleicht Angst davor hat, dass sowas in Österreich auch passiert? Was glauben Sie, Herr Professor?
Ich glaube, dass der Wahlkampfstil von Donald Trump in Österreich sehr schlecht angekommen ist. Und, dass insofern, der Präsident Trump einiges zu tun haben wird, um seine Reputation in Europa, im Vereinten Europa, in der Union, inklusive Österreich, zu verbessern und zu erhöhen. Ob das jetzt unmittelbar Auswirkungen hat auf den 4. Dezember, das wissen die Götter alleine.
Gitb Donald Trump Rückenwind?
Was ist Ihre Meinung: Profitieren Sie von Trump? Wird Ihnen Trump Rückenwind geben? Wird er beim Mobilisieren helfen?
Also, ich möchte zuerst bestätigen, dass der Wahlkampfstil in den USA natürlich in Österreich... Dass das undenkbar ist. Aber das war nicht nur bei dieser Wahl der Fall. Es ist in den USA ein völlig anderer Stil, wie man bei Wahlkämpfen miteinander umgeht. Was wir jetzt ähnlich erleben, ist die Dauer des Wahlkampfes. Das haben wir jetzt auch.
Sie sind auch nicht gerade heute auf Samtpfoten unterwegs?
Naja, im Vergleich mit den USA sind wir gerade zu - also - kuschelweich. Ja, das ist ein riesen, riesen Unterschied. Und, wenn Sie mich fragen, wie sich dieser Wahlsieg auswirkt: Ich glaube, dass die persönliche Entscheidung eines Wählers, welchen Kandidaten er wählt, nicht davon abhängig ist, wie einige tausend Kilometer weiter gewählt worden ist. Es kann sich auf die Stimmung auswirken aber nicht auf das Wahlergebnis. Das glaube ich gar nicht.
Sie profitieren vom Trump-Sieg?
Ich glaube es eigentlich nicht?
Sind Sie sozusagen die österreichische Umsetzung dieser Trump-Bewegung?
Sie sehen ja, dass ich eine völlig andere Frisur habe. Das kann man nicht vergleichen.
Von der Frisur mal abgesehen, Herr Hofer.
Nein, das bin ich nicht.
Sind Sie nicht.
Herr Strache hat übrigens gesagt, er wird sich anschauen, was man nicht alles von Donald Trump lernen kann. [Mhm] Das ist Ihr Chef [Mhm], Herr Hofer. [Mhm] Haben Sie ihn zurechtgewiesen daraufhin?
Haben Sie in der Schule auch immer gepetzt, Herr Dr. Van der Bellen... (lacht)
Ist in der Zeitung nachzulesen. Ich bitte Sie.
Herr Dr. Van der Bellen...
In ÖSTERREICH übrigens....
...Sie sind ja auch nicht zimperlig jetzt in diesem Wahlkampf. Sie haben gestern vom Alpen-Mordor gesprochen.
Mordor, ja.
Ja. Das ist ja schon relativ brutal. Weil das ist ja, wenn ich richtig informiert bin, im Herr der Ringe, das Reicht der Finsternis, wo keine Menschen mehr überleben. Also sozusagen das Ende der Welt zu einem gewissen Grad. Und das haben Sie dem Herrn Hofer sozusagen als das Szenario in die Auslage gestellt, wenn er Präsident wird.
Nein, nein. So war das nicht. Der Kontext war: Ich trete ein dafür, dass wir in Österreich wieder Zuversicht entwickeln. Dass auch der Bundespräsident dazu da ist, Hoffnung zu geben. Und, dass wir nicht dazu beitragen sollten - wie es manche tun, ich habe niemand namentlich erwähnt und keine politische Partei... Und, dass Österreich in meinen Augen, zumindest in den Augen von Millionen Österreichern auch, nicht eine Art Alpen-Mordor ist, wo alles schiefgeht, wo nichts gut ist, wo niemand irgendetwas kann, wo man sich nur gegenseitig hasst.
Also, Österreich wird nicht zu Mordor, wenn ich gewinne? Ist es so... Würden Sie das so sagen...
Aber Ihre Befürchtung, die Sie in den Raum stellen und die Sie...
Die Leut...
...man kann sagen unterstellen oder auch einfach hinstellen, als Diskussion, ist, dass Sie sagen: Wenn Hofer gewinnt, wird das möglicherweise der Beginn eines Rechtsrucks in Europa sein, der dann zu Marine Le Pen führt und zu Gerd Wilders führt und zu einem rechtsextremen Europa führen kann. Habe ich das richtig interpretiert?
Das ist das, was viele Menschen in Westeuropa außerhalb Österreichs befürchten. Dass Österreich sozusagen der erste Dominostein ist, der dann aus der Union austreten will, der nur Schwierigkeiten macht. Wo etwas in Gang gesetzt wird, was wir uns - finde ich - nicht wünschen dürfen. Hier hängen - das ist keine Spielerei, die Mitgliedschaft in der Europäischen Union - hunderttausende von Arbeitsplätzen dran. Alleine die Beziehungen zu Deutschland zu gefährden ist ein hochriskantes Unterfangen. Und hier komme ich zurück auf den 'Elefanten im Porzellanladen', weil mir der Hofer das unterstellt hat. Wenn ein hochrangiger österreichischer Politiker sagt: Frau Merkel, die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschlands, sei die gefährlichste Frau Europas. Und einige Monate davor hat Heinz Christian Strache gesagt - und den meine ich jetzt: Diese Frau gehört davongejagt. Wissen Sie, was das bedeutet? Wissen Sie, wie viel Arbeitsplätze im direkten Export nach Deutschland hängen? Wissen Sie, was das bedeutet, hier eine grundsätzlich gute Übereinstimmung, gute Partnerschaft zwischen zwei Nachbarstaaten zu gefährden?
Haben Sie mich jetzt gefragt, soll ich antworten?
Angela Merkel
Das ist ja auch die Frage von Lesern: Ist Angela Merkel die gefährlichste Politikerin Europas? Soll ich Sie fragen...
Zunächst weiß ich, dass Dr. Van der Bellen ein großer Fan von Angela Merkel ist. Und das ist auch in Ordnung. Weil Angela Merkel hat in vielen Bereichen eine sehr, sehr gute Arbeit geleistet. Aber er sagt auch: Sie hat in der Flüchtlingspolitik den richtigen Weg beschritten. Und das sehe ich nicht so. Ich glaube, dass Sie in der Flüchtlingspolitik tatsächlich einen schweren Fehler gemacht hat. Und mit ihrer Aussage 'Wir schaffen das' viele Menschen animiert hat, eine sehr, sehr gefährliche Reise über das Meer anzutreten. Also hier glaube ich, hat sie nicht richtig agiert. Dr. Van der Bellen spricht zurecht die Arbeitsplätze an. Deutschland ist ein wichtiger Partner. Aber auch die USA, aber auch Russland.
Ist Sie die gefährlichste Politikerin Europas?
Schauen Sie, das TIME-Magazine schreibt über mich, ich wäre der gefährlichste Politiker Europas. Van der Bellen sagt: Wenn ich gewinne, dann kommt ein riesiger Rechtsruck in Europa.
Na, aber finden Sie diese Strache-Aussage richtig: Sie ist die gefährlichste Politikerin Europas?
Heinz-Christian Strache kandidiert nicht zu dieser Präsidentschaftswahl. Er ist der größte... Er ist der Chef der größten Oppositionsparte und wird angriffiger formulieren - so wie auch die Grünen im Parlament auch Dinge sagen, die Scherze sind.
Also Sie würden das nicht sagen, weil Sie eben nicht der Elefant im Porzellanladen sind?
Ich habe es formuliert, wie ich es gesagt habe: Sie hat in vielen Bereichen gute Politik gemacht und in der Flüchtlingspolitik eine katastrophale Politik, die auch Österreich schwersten Schaden zugefügt hat. Das wird Jahre dauern, bis wir uns davon erholt haben.
Meine beiden Herren, das war schon mal ein recht spannender Beginn, eine recht spannende erste Runde. Wir gehen in eine Werbepause. Und dann kommt die spannende Frage dieses Wahlkampfs. Nämlich: Wie halten es die beiden Herren mit dem ÖXIT. Wir sind gleich wieder da.
ÖXIT
Willkommen zurück liebe Zuseherinnen und Zuseher von oe24.tv beim ersten großen direkten Wahlduell, Fernsehduell der beiden Präsidentschaftskandidaten. Noch zweieinhalb Wochen bis zum großen Wahltag, der die Zukunft unserer Präsidentschaftskanzlei aber auch unseres Landes bestimmen wird. Ich danke beiden fürs Kommen. Auch beiden für die Ehre, dass wir diese Duelle eröffnen dürfen. Und wir haben über 11.000 Fragen von Usern bekommen. Trump war die meistgestellte Frage. Die zweite eigentlich - primär an Sie gerichtet: Wie halten Sie es, wie hält es Österreich mit dem ÖXIT, wenn Sie Bundespräsident werden. Wirds eine Volksabstimmung über einen EU-Austritt geben?
Nun, zweifellos steckt die Europäische Union in einer tiefen Krise. Das hat sich in den letzten Jahren noch verschärft. Und war dann mit dem Austritt der Briten... ist dann noch schlimmer geworden. Jetzt müssen wir uns überlegen: Wie können wir diese Europäische Union wieder auf Schiene bringen, weiterentwickeln? Für mich ist der Austritt nicht die richtige Antwort, um diese Krise zu lösen. Es gibt eine Ausnahme, die habe ich schon oft formuliert: Wenn die Türkei der Europäischen Union beitreten würde, dann glaube ich, dann hat Österreich dort nichts mehr verloren. Oder wenn ein Zentralstaat entwickelt werden würde, wo die Mitgliedsparlamente entmachtet werden. Das wäre auch kein richtiger Weg. Aber ansonsten müssen wir uns überlegen: Was haben die Gründungsväter für Pläne gehabt mit der Europäischen Union. Nämlich eine starke wirtschaftliche Zusammenarbeit. Eine wirklich subsidiäre Union, wo man die wichtigen Themen gemeinsam abhandelt. Und die vielen Kleinigkeiten - wie sollen Glühlampen gestaltet sein oder ein Grillhandschuh -, dass man das nicht mehr weitermacht.
Van der Bellen: 'Halte fest, dass Hofer sich nicht ausdrücklich vom Öxit distanziert'
Wörtlich im Juli zur Presse: 'Im Extremfall wenn die Türkei der Europäischen Union beitritt oder sich die EU Verträge gibt, die die Mitgliedstaaten entmachten, ein Zentralstaat entsteht und das Einstimmigkeitsprinzip in wichtigen Bereichen fällt bin ich dafür, dass man die Österreicher fragt, wie es weitergehen soll.'

diepresse.com
Quelle: diepresse.com (08.07..2016 (abgerufen am 18.11.2016))
Und wenn sich die EU jetzt in diese falsche Richtung entwickelt. Wenn zum Beispiel Frankreich entscheidet, in einer Volksabstimmung: Wir treten aus. Würde dann auch eine Volksabstimmung in Österreich kommen?
Für mich gibt es zwei Entwicklungen, wo ich sage, da müsste sich Österreich überlegen, ob wir noch Mitglied sein wollen. Das habe ich vorher definiert: Türkei wird Mitglied. Die Verhandlungen sind ja nicht unterbrochen, sind immer noch da. Oder die Parlamente der Mitgliedsstaaten werden entmachtet, es gibt eine Zentralstelle und Österreich gibt es in dieser Form nicht mehr. Das kann ich mir nicht vorstellen, das möchte ich nicht.
Das klingt aber ein bisserl anders, als Sie am Anfang des Wahlkampfs geklungen haben.
Nein, das sind die zwei Punkte, die ich immer definiert habe.
Am Anfang des Wahlkampfes haben Sie schon gesagt: Eine Volksabstimmung über den ÖXIT ist denkbar. Nach dem Brexit.
Bei diesen zwei Punkten.
Bei diesen zwei Punkten.
Und wenn die Antwort...
Also, wenn Frankreich austritt, wäre das für Sie kein Grund, eine Volksabstimmung abzuhalten.
Ich glaube nicht, dass Frankreich austreten wird. Und es wäre auch kein Grund, in Österreich auszutreten.
Finden Sie es gut, dass Marine Le Pen diese Volksabstimmung machen wird?
Man kann das schwer aus Österreich beurteilen. Ich glaube nicht, dass Frankreich aus der Europäischen Union austreten wird. Dazu ist Frankreich zu sehr verankert. Wir haben die zwei großen Player.
Aber Sie will das, na?
Ja, und sie ist... das ist...
Und sie ist immerhin eine Freundin von Ihnen.
Das ist eine Entscheidung...
Kann man sie als Freundin bezeichnen? Als Allianzpartnerin?
Also wissen Sie, ich habe, ich habe, ich habe, ich habe... Meine Freunde sind alle nicht in der Politik. Ja. Das ist mir ganz wichtig. Weil da das private Umfeld besser...
Politisch Gleichgesinnte?
Auf europäischer Ebene in der Europäischen Union gibt es eine Kooperation. Aber es gibt ganz viele Punkte wo wir unterschiedlicher Meinung sind. Frage der Kernkraft haben wir eine völlig andere Position. Und auch bei der Frage der Zukunft der Europäischen Union, was die Weiterentwicklung und was einen möglichen Austritt anbelangt. Da haben wir eine andere Sicht der Dinge.
Was ist die Europäische Einigung? Das ist doch ein Projekt für Frieden, Freiheit und Wohlstand. Aus meiner Sicht ein kategorisches 'Nein' zu einem Austritt Österreichs aus der Europäischen Union. Ich erzähle Ihnen ganz kurz zwei kleine Geschichten. Was bedeuten Grenzen? Was bedeutet das für Freiheit? Was bedeutet das für das Sicherheitsgefühl? Als ich ein Kind war und in Linz bei meinem Vater zu besucht. Er hatte sein Büro in Linz in der Spittelwiese. Hatte striktes Verbot, mich der Donaubrücke nach Urfahr überhaupt nur zu nähern. Warum? Das war die Grenze für die sowjetische Besatzungszone. Das war eine Grenzerfahrung aus meiner Kindheit. Jetzt, in diesem Sommer war ich drei Tage in der Südsteiermark in Slowenien. Und das Häuschen, das wir bewohnt haben, stand fünf Meter neben der Südsteirischen Weinstraße, die dort die Grenze bildet - aber auf slowenischen Boden. Und du hast das Haus verlassen, du gingst über die Straße, du warst in Österreich, du bist wieder ins Haus gegangen, du warst in Slowenien.
Also, das ist das Schöne an der EU.
Das ist doch etwas Wunderbares?
Frage: Soll das jetzt halten auf ewige Zeiten, egal, was die EU tut? Oder gibt es auch für Sie Barrieren, wo Sie sagen, da muss eine Volksabstimmung her? Zum Beispiel würde ein Beitritt der Türkei angedacht und durchgezogen... Würden Sie dann sagen, da muss eine Volksabstimmung her, ob wir in der EU bleiben oder nicht?
Eine ziemlich sinnlose Fragestellung, weil wir momentan ja jede Art von Beitrittsverhandlung mit der Türkei legen. Und wenn die Türkei die Todesstrafe einführt, dann ist sowieso eine rote Linie überschritten für alle Verhandler auf der europäischen Ebene.
Da sind Sie dafür, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei jetzt auf Eis gelegt werden? Da sind Sie dafür?
Etwas, was seit vierzig Jahren verhandelt wird und noch dreißig Jahre dauern wird ist - finde ich - Zeitverschwendung. Wir brauchen gute Beziehungen zur Türkei. Das ja.
Also, Sie sagen: Schluss mit den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Schluss.
Kommt drauf an, worüber verhandelt wird. Wenn verhandelt wird über die Medienfreiheit in der Türkei, wenn verhandelt wird über die Situation der kurdischen Bevölkerung in der Türkei. Wenn verhandelt wird über die Rechte von Abgeordneten und deren Immunität... Dann kann das nicht ganz falsch sein. Nur sehe ich nicht, dass diese Verhandlungen momentan zu irgendeinem Ergebnis führen angesichts der türkischen Haltung.
Herr Hofer?
Nein, die Verhandlungen sind abzubrechen. Die Türkei kann nicht Mitglied und soll nicht Mitglied der Europäischen Union werden. Weil die Türkei ein Land ist, das völlig andere Werte vertritt. Es wird auch eine Zeit nach Erdogan kommen. Das hoffe ich. Und hoffentlich bald. Aber trotzdem: Es ist ein sehr großes Land. Wir haben nur wenige Quadratkilometer auf europäischen Raum. Wir müssten höchste Ziel-1-Zahlungen finanzieren. Die Grenzen wären völlig offen. Das kann ich mir nicht vorstellen.
Also Sie möchten einen absoluten Schluss, schnellen Schluss der Beitrittsverhandlungen.
Absolutes Ende. Keine Beitrittsgespräche. Dafür...
Und auch Schluss mit dem Flüchtlings-Deal?
Der Flüchtlings-Deal ist ein Riesenschaden und wird nicht funktionieren. Wir müssen unsere Schengen-Außengrenze selbst kontrollieren.
Herr Professor, Schluss mit dem Flüchtlings-Deal mit der Türkei?
Das würde ich so nicht sagen. Weil dann muss man sich ja den zweiten und dritten Schritt überlegen. Was passiert dann. Nur, ich halte nur fest, dass Herr Hofer kein ausdrückliches... sich nicht ausdrücklich distanziert von einem ÖXIT. Das heißt, von einem Austritt Österreichs aus der Europäischen Union. Und damit eine Linie fortsetzt, die die FPÖ seit zwanzig Jahren fährt.
Aber Sie haben schon zugehört, was ich gesagt habe?
[?] Ich habe Ihnen sehr genau zugehört. Und die FPÖ, deren stellvertretender Vorsitzender Sie ja nach wie vor sind, kokettiert mit diesem Austritt oder etwas Ähnlichem seit zwanzig Jahren. Herr Hofer, aber damit kokettiert man nicht. Ja. Dreißig Prozent unserer Exporte gehen nach Deutschland. Zwei Drittel mindestens gehen in die Europäische Union.
Beruhigen Sie sich. Ich sage Ihnen noch einmal: Es gibt zwei Punkte.
Das war Trick Nr. 27. Ich rege mich gar nicht auf Herr Hofer.
Das sehe ich eh, wie Sie...
Nein, aber Sie können sich das sparen, diese Tricks. Es ist viel einfacher, wenn Sie es nicht machen.
Das sprechen Sie weg. Danke. Es gibt also zwei Entwicklungen. Noch einmal: Wenn die Türkei der Europäischen Union beitritt...
Das haben wir schon gehört.
Aber er hats nicht verstanden und nicht zugehört.
Aber das sind natürlich schon zwei mögliche Hintertürln.
Nja, das ist aber notwendig. Ich sage: Wenn die Türkei beitritt, dann ist die Europäische Union schwerst beschädigt und Österreich auch. Ich will das nicht und ich stehe auch dazu.
Martin Borsch hat die Frage an Sie: Wären Sie als Bundespräsident persönlich dafür, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben und zu beenden?
Ja, da bin ich dafür. Ich habe viele Gespräche mit Landwirten geführt in den letzten Wochen und Monaten, mit Unternehmen. Diese Sanktionen fügen Österreich und der Wirtschaft schwersten Schaden zu, ohne, dass sie politisch etwas bewirkt hätten. Es ist jetzt die Zeit, diese Sanktionen pragmatisch auslaufen zu lassen. Und ich bin froh, dass ich jetzt auch Mitglied einer Bundesregierung - nämlich der österreichischen - diese Meinung vertreten.
Herr Van der Bellen?
Sanktionen gegenüber Russland
Sanktionen hatten und haben durchaus Wirkung. Auch wenn sie 2016 keine so große Wirkung hatten wie zuvor, so gehen die meisten Beobachter durchaus von anhaltenden langfristigen Folgen bzw. einer Wirkung dieser auf die wirtschaftliche Situation Russlands aus. Dass Steinmeier inzwischen über eine Abschwächung der Sanktionen nachzudenken scheint hat währenddessen, so wie Vvan der Bellen korrekt angedeutet hat, mehr damit zu tun, dass dieser Zeichen einer Entspannung der Situation in der Ostukraine zu erkennen scheint. Auch die Situation in Syrien dürfte bei diesen Entwicklungen eine Rolle spielen.

economist.com
Quelle: economist.com (02.08.2016 (abgerufen am 18.11.2016))
Links
- Stiftung Wissenschaft und Politik (März 2015)
- nato.int (März 2015)
- EU Observer (13.01.2016)
- FAZ (faz.net, 18.10.2016)
Außenminister Steinmeier hat vor einiger Zeit etwas sehr Vernünftiges gesagt, finde ich. Und Außenminister Kurz in eine ganz ähnliche Richtung sich ausgesprochen. So eine Art Tit-for-tat. Also Zug-um-Zug mit Russland zu verhandeln: Was tut Russland, um diese Situation zu beenden. Namentlich in der Ost-Ukraine. Und was tut anschließend die Europäische Union, was die Sanktionen betrifft. Aber die Situation in der Ost-Ukraine ist ja nicht wirklich beruhigt. Sie ist nicht so schlimm wie vor sechs Monaten oder wie vor zwölf vielleicht. Aber das Problem ist nicht vom Tisch.
Das heißt, Sie halten die Sanktionen schon noch für sinnvoll?
Sie sind ja nicht vom Himmel gefallen. Damit sollte ja Druck ausgeübt werden auf die politische russische Führung.
Das heißt, Sie sehen Putin kritisch, sie sehen die Außenpolitik der Russen kritisch.
Putin ist ein sehr intelligenter Politiker. Ich würde ihn auf keinen Fall unterschätzen. Und die Frage ist: Wie viel er an wirtschaftlichen Misserfolg in Kauf zu nehmen bereit ist für die russische Position in der Ost-Ukraine.
Das heißt: Hofer würde die Sanktionen sofort beenden. Sie würden sich zwar auch freuen, wenn die Sanktionen beendet werden. Sagen aber: Nicht jetzt.
Ich finde, Steinmeier und Kurz haben in dieser Richtung die richtige Strategie vorgeschlagen. Steinmeier übrigens, wie es aussieht, der nächste deutsche Bundespräsident.
CETA
Thomas Czap fragt: Ich würde gerne von beiden Herren wissen, wie sie es jetzt mit CETA halten. Und ob ich mich darauf verlassen kann, dass sie CETA nicht unterzeichnen werden, wenn ich Ihnen meine Stimme gib. Herr Professor.
Nja, da muss ich Herrn Czap insofern ein bisschen enttäuschen, als dass es für mich eine Wenn-Dann-Frage ist. Wenn die Bedenken ausgeräumt werden, die jetzt am Tisch liegen. Namentlich hinsichtlich der Schiedsgerichtsbarkeit, dem sogenannten Vorsorgeprinzip und bestimmten Standards in der Lebensmittelproduktion und damit was die österreichische Landwirtschaft betrifft, dann werde ich es unterschreiben. Aber das ist eine offene Sache. Wir müssen die Interessen der österreichischen Bauern genauso berücksichtigen und gewichten, wie die Interessen der österreichischen Industrie. Ich bin aber optimistisch, dass das in den nächsten Jahren noch gelingen wird. Weil, bis das am Schreibtisch des Bundespräsidenten landet, werden sicher Jahre vergehen.
Jahre vergehen.
Das glaube ich. Das ist nicht unüblich, dass Ratifizierungsprozesse, namentlich in der Europäischen Union...
Das heißt, Sie glauben, es wird nächstes Jahr noch nicht einmal so weit sein, dass Sie unterschreiben müssen.
Nein, das glaube ich nicht. Vorher wird noch das Verfassungsgericht in Karlsruhe zu entscheiden haben. Die ja gesagt haben, ihr dürfts jetzt - gerichtet an die Deutschen... Ihr dürft jetzt den Vertrag vorläufig unterschreiben. Die Schiedsgerichtsbarkeit nicht in Kraft setzen. Und nächstes Jahr, 2017...
Das heißt, wenn diese von Ihnen genannten Punkte erfüllt sind, dann würden Sie unterschreiben? Dann würden Sie die Grünen enttäuschen, weil die Grünen setzen viele Hoffnungen darauf, dass Sie nicht unterschreiben.
Der Bundespräsident muss überparteilich wirken. Und noch etwas: Bevor das auf den Schreibtisch des Bundespräsidenten kommt, muss das österreichische Parlament sich mit Mehrheit dafür ausgesprochen haben.
Aber, wenn die Grünen dagegen stimmen. Das wäre für Sie nicht das Signal zu sagen, ich unterschreibe nicht.
Das ist für mich, sorry, kein ausreichender Grund. Der Bundespräsident hat überparteilich, im Interesse Österreichs zu agieren.
Herr Hofer, was sagen Sie dem Herrn Czap?
Ich glaube, dass Van der Bellen unterzeichnen wird. Weil ja Haselsteiner hunderttausende Euro investiert für eine Kampagne für Van der Bellen. Und der ist ein CETA-Befürworter. Auch Konrad, Ederer, Karas, und so weiter und so fort. Also, da bin ich fest davon überzeugt. Meine Antwort ist klar: Ich unterzeichne nicht. Es muss davor eine direktdemokratische Entscheidung geben. Und dann haben Befürworter und Gegner die Möglichkeit, Ihre Argumente auf den Tisch zu legen. Und dann werden die Menschen direktdemokratisch entscheiden. Und ich bin davon überzeugt, dass die Mehrheit der Österreicher sich gegen CETA entscheiden wird.
Das heißt, Sie unterschreiben CETA auf keinen Fall, komme was wolle.
So ist es. Außer, die Österreicher würden sagen: Wir sind jetzt völlig begeistert und eine Mehrheit stimmt für CETA. Das wird natürlich nicht der Fall sein.
Würden Sie eine Volksabstimmung machen?
Ja, ich will eine direktdemokratische Entscheidung.
Egal, wie es im Parlament ausgeht?
Egal, wie es im Parlament ausgeht. Die Verfassung sieht vor, dass bei Staatsverträgen - und das ist ein Staatsvertrag -, der Bundespräsident in der Materie entscheidet. Ich sage aber: Ich entscheide nicht alleine. Ich entscheide gemeinsam mit den Bürgern über das Instrument einer direktdemokratischen Befragung.
Das heißt: Sie werden zuerst eine Volksabstimmung machen. Wenn die gegen CETA ist, unterschreiben Sie nicht.
Richtig.
Selbst, wenn ganz Europa auf Ihnen draufkniet, so wie zuletzt auf der Wallonie.
Wissen Sie, das muss man aushalten. Ich habe die Interessen der Österreicher zu vertreten. Natürlich auch zu schauen, dass es auch anderen Ländern gut geht. Aber der Widerstand gegen CETA ist ja nicht nur in Österreich vorhanden, sondern auch in vielen anderen Ländern der Europäischen Union.
Sie haben zuerst schon wieder einen kleinen Untergriff, einen kleinen sozusagen Schlag knapp an der Gürtellinie gelandet. Als Sie dann so eingeflochten haben, der Herr Van der Bellen wird unterschreiben, weil der Herr Haselsteiner für CETA ist.
Das ist meine Überzeugung.
Sie unterstellen dem Herrn Van der Bellen ja, dass er vom Establishment und von der Schickeria unterstützt wird. Das ist ein bissel auch eine kecke - würde ich sagen - Frechheit fast.
Schauen Sie, ich habe das jetzt nicht gesagt. Ich habe gesagt, ich glaube, dass er unterzeichnen wird, weil in seinem Komitee nur Menschen sind, die für CETA sind Und die wissen ja, welchen Kandidaten sie warum unterstützen. Das hat ja einen Grund.
Mhm. Aber Sie sagen ja auch, das ist die Schickeria und die Hautevolee haben Sie zuletzt gesagt.
Schauen Sie, es gibt Eliten, die sich von den Menschen entfernen. Die überhaupt kein Gefühl mehr haben, Gespür, was wirklich die Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher sind. Und genau diese Eliten werden abgewählt, wenn sie sich zu weit von den Menschen entfernen. Und das sieht man in vielen, vielen Ländern. Und es war eigentlich immer so. Das ist gar nichts Besonderes.
Hofer, Eliten
Fast wörtlich kürzlich an die Nachrichtenagentur Reuters: 'Dort, wo sich die Eliten vom Wähler entfernen, werden die Eliten abgewählt', sagte er dieser diese Woche.

spiegel.de
Quelle: spiegel.de (17.11.2016 (abgerufen am 18.11.2016))
Herr Van der Bellen, es wundert mich, dass Sie so ruhig sind.
(lacht)
Normalerweise gehen Sie jetzt in Saft. Ja.
Für meine Unterstützer gehe ich schon in Saft. Nicht wegen mir.
Eben.
Der Herr Hofer bringt hier einiges durcheinander. In meinem Unterstützungskomitee sind inzwischen über 10.000 Personen. Das sind Dachdecker, HausbesorgerInnen, Ärzte, Krankenschwestern, LehrerInnen, aus allen Berufen dieser Nation. Wenn die alle Mitglieder der Hautevolee und der Schickeria sind, dann fresse ich einen Besen. Das ist gar nicht möglich. Was Herr Hofer offensichtlich gemeint hat - das hat er durcheinander gebracht -, ist, dass Hans Peter Haselsteiner momentan eine große Anti-ÖXIT-Kampagne laufen hat. Und das ist sein gutes Recht. Und das ist seine volle Überzeugung, dass ein ÖXIT - auch wenn er nur angedacht wird - Österreichs Wirtschaft Schaden anrichtet. Und das soll sich einmal herumsprechen. Meine Überzeugung ist das auch. Und es gefällt halt Herr Hofer nicht, dass sich außerdem noch Franz Fischler und Brigitte Ederer...
Für CETA, für CETA...Alle für CETA.
...zur Verfügung gestellt haben für die Kampagne gegen den ÖXIT. Das passt Ihnen natürlich nicht. Das passt Ihnen natürlich nicht.
Jetzt kenne ich Sie jetzt, Herr Professor. Jetzt kenne ich Sie ja viele, viele Jahre, ja.
Ja.
Und ich kenne Sie als Rebell eigentlich, na. Also...
Auch.
Noch aus meiner Basta-Zeit und so weiter. Da waren Sie ja eigentlich der Rebell schlecht hin. In Hainburg, etc. Ist es diesmal nicht so, dass wirklich das Establishment, die Wirtschaft sehr stark für Sie sind? Kann man damit eine Wahl gewinnen?
Damit alleine kann man keine Wahl gewinnen. Selbstverständlich. Nur, das sind ja keine Menschen von hinterm Mond. Die wissen ja, was auf dem Spiel steht. Die wissen ja, dass es hier nicht nur um die zwei Personen geht bei dieser Präsidentenwahl. Sondern schon um eine Richtungsentscheidung für ganz Österreich: Wohin wollen wir? Bleiben wir ein Mitglied der Union oder verzwergen wir uns freiwillig?
Rebellen
Sind Sie noch der Rebell, Herr Professor? Sind Sie noch der Rebell, der Kandidat der Protestwähler? Sind Sie das?
Kommt darauf an, Protest wogegen. Wogegen? Wogegen? Ich bin nicht schlecht hin für Protest. Da müsste ich ja Herrn Hofer wählen. Aber. Wenn der Protest berechtigt ist? Die Universitäten leiden unter Finanznot. Die Bauern kämpfen mit dem fallenden Milchpreis. Die südsteirischen Weinbauern haben 90, 95 Prozent Weinverlust durch den Frost in diesem Jahr. Da protestiere ich, wenn da nichts passiert.
Gegen den Frost?
Also noch ein Rebell? Sind Sie noch ein Rebell?
Ich hoffe schon.
Herr Hofer, sind Sie der Kandidat der Wutbürger?
Herr Van der Bellen protestiert gegen den Frost, habe ich gehört. Ich sage noch einmal: Diese Menschen und Haselsteiner investiert hunderttausende Euro. Und er ist für CETA. Das macht er nicht zum Spaß.
Na, das macht Sie natürlich etwas neidig, weil Sie müssen das alles aus der...
Das ist wirklich ein Wahnsinn, ja.
...Parteikasse zahlen. Und hier zahlen es natürlich die Spender. Aber trotzdem: Sind Sie der Kandidat der Wutbürger? Sind Sie der Kandidat gegen das Establishment?
Nein, nein, nein. Ich...
Sind Sie der österreichische Trump?
Ich bin... Nein, ich habe eh schon gesagt, ich habe eine völlig andere...
Ja, von der Frisur mal abgesehen, die aber auch sehr fesch heute ist.
Ihre Mitarbeiter haben sich darum gekümmert.
Ja, wunderbar. Aber von der Frisur abgesehen... Von der jetzt sehr feschen Frisur abgesehen: Sind Sie der Kandidat gegen das Establishment?
Ich möchte der Kandidat jener Leute sein, die Hoffnung haben. Die sagen: Wir haben ein tolles Land. Einige Dinge laufen derzeit nicht gut. Wir haben bei den Universitäten keine mehr unter den ersten Positionen. Da gäbe es auch einen Uni-Beauftragten, der mit gegenübersitzt. Wir haben immer höhere Steuern. Wir haben immer mehr Bürokratie. Man muss die Wirtschaft doch endlich einmal arbeiten lassen. Also, ich sehe mich als Kandidat des Mittelstandes und der Menschen, die Hoffnung haben. Dass wir die Dinge wieder besser organisieren können in Österreich.
Aber nicht Kandidat der Wutbürger?
Ich halte nicht viel von Wut. Wut führt immer zu Hass und zu Zorn. Und da kann man keine klugen Entscheidungen treffen. Wenn man kluge Entscheidungen treffen will, dann darf man nicht voller Wut sein.
Meine Herren, Danke für diese spannende zweite Runde. Wir gehen in eine kurze Werbepause. Und dann kommen wir zurück mit einigen ganz persönlichen Fragen, die uns die User geschickt haben: Wir halten Sie es mit Gott? Wie halten Sie es mit den Freimaurern? Wie halten Sie es mit den Burschenschaften? Wir sind gleich zurück.
Gott und Kirche
Willkommen zurück, liebe Zuseherinnen und Zuseher von oe24.tv. Riesen Interesse an unserem ersten direkten Duell der beiden Präsidentschaftskandidaten: Prof. Alexander Van der Bellen zu meiner Linken. Norbert Hofer zu meiner Rechten. Spannendes Duell schon in den ersten zwei Runden. Und jetzt die Frage von Adriana Matic - überraschend oft gestellt, sicherlich dutzendfach: Glauben Sie an Gott und wie wichtig ist es Ihnen, dass Österreich christlich bleibt?
Ich glaube an Gott. Ich glaube, dass unsere Werte sich sehr stark aus dem Judentum, Christentum und weiterentwickelt durch Humanismus und Aufklärung, dass sie sich daraus entwickelt haben. Und das ist sehr, sehr wichtig für Österreich, weil das für mich auch unser Land ausmacht.
Sie glauben ja nicht nur an Gott, sondern Sie haben ja Gott etwas ungefragt auch zum Werbestar gemacht mit Ihrer Kampagne.
Das war nicht meine Absicht. Aber das ist der Schwur, den ich leiste, wenn ich angelobt werde. Und für einen gläubigen Menschen ist der Satz 'so wahr mir Gott helfe', der Schwur, der am meisten Gewicht hat. Und das wollte ich damit ausdrücken.
Deshalb auch die Frage von Günther Knopf an Sie, Herr Professor: Warum sind Sie aus der Kirche ausgetreten und wie stellen Sie sich eine Angelobung ohne 'so wahr mir Gott helfe' vor?
Nun, die letzte Frage ist einfach zu beantworten. Das Gesetz sagt, dass die Anfügung einer religiösen Formel an das offizielle Gelöbnis, dass der Bundespräsident abzulegen hat, zulässig ist. Zulässig. Aber nicht vorgeschrieben. Meiner Erinnerung nach hat Kirchschläger bei der Angelobung das gesagt zum Beispiel. Aber eine Reihe von Bundespräsidenten vor ihm nicht.
Und Sie werden es nicht sagen, Herr Professor?
Ich werde es nicht sagen, weil mir - das kann ich jetzt bedauern, aber es ist so - als Jugendlichen der Glaube an den persönlichen, den einen persönlichen Gott abhandengekommen ist. Ich habe aber größten Respekt vor Religiosität, Spiritualität, wenn Sie wollen. Vor der praktischen, humanen, humanitären Arbeit der Caritas oder der Diakonie. Das sind ja religiös geprägte, sogenannte NGPs, die wirklich viel Gutes tun, gemeinsam mit zirkularen Gesellschaften...
Die Sie auch sehr stark unterstützen, muss man sagen.
...wie dem Roten Kreuz.
Sie haben ja viele kirchliche Unterstützer auch. Aber die Frage von Günther Knopf ist natürlich berechtigt: Warum sind Sie aus der Kirche ausgetreten?
Ach, bin ich ehrlich gesagt nicht stolz darauf. Das war im Ärger über meinen lokalen Pfarrer in Innsbruck damals. Das ist schon so lange her. Und im Grund genommen, ist das kein hinreichender Grund, aus der Kirche auszutreten, wenn man sich mit einer Person nicht verträgt. Aber der Hintergrund war sicherlich, dass mir eben dieser Glaube der Kindheit verloren gegangen ist. Das ist schade in gewisser Weise. Aber ich kanns nicht ändern.
Burschenschafter
Der Wolfgang Altrichter frägt Sie: Warum, Herr Hofer, distanzieren Sie sich nicht durch einen Austritt aus der Burschenschaft von der rechten Szene. Und werden Sie als Präsident Burschenschafter bleiben?
Ich bin Ehrenmitglied einer Schülerverbindung, einer Pönalen Verbindung und werde dort Ehrenmitglied bleiben. Ich werde auch Mitglied bleiben beim Zivilinvalidenverband, in der Offiziersgesellschaft. Also, es gibt viele Vereine, wo man engagiert ist, wo man Mitglied ist, ohne dort aktiv zu sein. Aber, das gibt man nicht auf.
Aber es hat meines Wissens noch keinen Bundespräsidenten gegeben, der Burschenschafter war. Und wäre es nicht gerade im Sinne von, dass Sie ja nicht spalten wollen, sinnvoller, sich aus dieser Burschenschaft zu verabschieden, wenn Sie überparteilicher Bundespräsident sind?
Schauen Sie, ich werde auch Mitglied bleiben beim St. Georgs Orden. Meine Mitgliedschaften werde ich beibehalten. Außer jene natürlich in der Partei, in der ich seit vielen Jahren arbeite. Diese Mitgliedschaft werde ich ruhend stellen.
Da wird Ihnen ja ein gewisses Maß an Rechtsextremität unterstellt. Vom linken Teil des Tisches.
Nicht in allen Burschenschaften. Aber vor allem in jenen, in denen FPÖ-Mitglieder prominent vertreten sind. Und wenn ich mich nicht irre, auch in einer Festschrift, die Ihre Verbindung einmal herausgegeben hat, wird ja zum Beispiel die Frage gestellt, ob die Österreichische Nation nicht eine Fiktion ist. Ich will mich damit gar nicht näher auseinandersetzen. Ich sage schlicht: Ich möchte nicht - das ist mir jetzt nicht das wichtigste Motiv meiner Kandidatur -, aber ich möchte nicht, dass jemand, der mit recht als rechtspopulistischer Burschenschafter bezeichnet werden kann, der Bundespräsident der Republik Österreich wird. Der noch dazu bis heute stellvertretender Parteichef der FPÖ ist. Das ist für mich ein bisschen zu viel.
Herr Gott...
Jetzt greift der Herr Van der Bellen an.
Ja, ja, ja, ja. Jetzt ist er... jetzt ist er im Infight. Werden eh nicht Sie entscheiden - Gott sei Dank - sondern die Wähler.
Aber ihre Antwort darauf.
Sie habe die Nation angesprochen. Die jungen Grünen schreiben: Österreich ist keine Nation. Ja. Österreich ist eine reine Erfindung. Also, Sie haben mit den Jungen Grünen - ich weiß eh - überhaupt nichts zu tun. Aber, das soll auch einmal gesagt sein. Ich sage: Österreich ist eine Nation.
Hm, bravo.
Ich habe schon oft gesagt: Wenn Sie sich ein bissl... Wenn Sie mich studieren würden, würden Sie das wissen. So, zweitens: Die Unterstützung der KPÖ für Ihre Person, weil Sie mich jetzt so angegriffen haben.
Was für eine Nation übrigens? Eine deutschnationale Nation?
Eine österreichische Nation. Ich möchte keinen Bundespräsidenten, der von der KPÖ unterstützt wird.
Hm.
Und so haben wir unsere Positionen: Sie und ich. Und es ist gut so, dass ich nicht entscheide, wer Präsident wird und auch nicht Sie, sondern nur mit einer Stimme. Sondern ganz am Ende die Österreicherinnen und Österreicher. Dass wir natürlich völlig unterschiedliche Positionen haben und auch mal ein bisserl streiten, das ist normal. Aber am Ende entscheidet dann der Wähler.
Stichwortrecherche: Burschenschaften, Hofer, Junge Grüne, Österreichische Nation
Das Dokumentationsarchiv für den Österreichischen Widerstand drückt es so aus: 'Unbeschadet ihres Bekenntnisses zum selbständigen Staat Österreich sieht die Burschenschaft [Marko-Germania zu Pinkafeld] das deutsche Vaterland unabhängig von bestehenden staatlichen Grenzen' (ebenda, S. 33). Konsequenterweise 'lehnt die Burschenschaft die geschichtswidrige Fiktion einer österreichischen Nation ab', die '[s]eit 1945 [...] in den Gehirnen der Österreicher festgepflanzt' worden sei (ebenda, S. 34 bzw. Walter Wiltschegg, ebenda, S. 48).'
Quelle: Charakterisierung der 'Marko-Germania zu Pinkafeld' durch das Dokumentationsarchiv für den Österreichischen Widerstand
Die Gruppe, bei der sich Norbert Hofer Ehrenmitglied ist, und auch ein solches bleiben will, erkennt die 'österreichische Nation' somit nicht an. Nicht nur die Jungen Grünen.
Diese scheinen im Übrigen nur zu fordern, die herrschende Auffassung von Österreich als Nation zu hinterfragen. Nicht die Nation Österreich als solche.
noe.junge-gruene.at
Auch der Standard merkt an: 'Die Marko-Germanen kennen [...] keine Berührungsängste mit dem Begriff deutsch' und wollen sich für das 'deutsche Volkstum' einsetzen. Unbeschadet ihres Bekenntnisses zum selbstständigen Staat Österreich sieht die Burschenschaft 'das deutsche Vaterland unabhängig von bestehenden staatlichen Grenzen'. Konsequenterweise 'lehnt die Burschenschaft die geschichtswidrige Fiktion einer österreichischen Nation ab', die 'seit 1945 in den Gehirnen der Österreicher festgepflanzt' worden sei.'
Quelle: derstandard.at (04.04.2016)
Quelle: derstandard.at (07.04.2016)
Hofer ist der 'Schüler-Burschenschaft' im Alter von 42 Jahren beigetreten und ist seit 2012 Ehrenmitglied
twitter.com
In der nzz.at vom 06.02.2016 wird die pennale Burschenschaft außerdem als 'deutsch-national' bezeichnet.
Kommunist
Das ist ja Ihr neuer Wahlkampfhit: Van der Bellen ist ein Kommunist. Na? Das ist jetzt sozusagen...
Er hat ja kommunistisch gewählt, ja? Gibts auch ein gutes Buch von - kann ich eh empfehlen. Von Michael Sicker, ja.
Sie sind noch immer ruhig Herr Professor. Sie sind noch immer ruhig.
Geschenkt. Das ist so albern. Wenn man sich meine Familiengeschichte anschaut. Meine Eltern sind dreimal... Zum ersten Mal vor Lenin und den Bolschewiken und beim zweiten und beim dritten Mal vor Stalin geflohen. Ich bin in einer strikt Anti-Kommunistischen Familie aufgewachsen.
Und dann wählen Sie kommunistisch.
Die Geschichte mit der Donaubrücke habe ich Ihnen schon erzählt. Wenn jetzt ein junger Mann bei einer kleinen, völlig unbedeutenden Gemeinderatswahl über seinen Zorn über alles und jedes ein Kreuzl bei einer einzigen Oppositionspartei macht, die er wahrgenommen hat... Ja, mein Gott. Vor fünfzig Jahren, na. Das ist einfach... ich finde es einfach ein bisserl blöd, Herr Hofer.
Das sehen Sie heute als Fehler, dass Sie das damals gemacht haben?
Was finden Sie ein bisschen blöd?
Das ist, wenn Sie so wollen, ein Fehler, weil ich mir das dauernd vorhalten lassen muss, dass ich vor fünfzig Jahren, bei einer Gemeinderatswahl, die vollkommen wurscht war...
Das ist von heuer.
Wissen Sie? Und wer unterstützt Sie aller? Die Identitären vielleicht nicht?
Wollen Sie von der...
Ich kann nichts dafür, wenn die K...
Wollen Sie von der KPÖ unterstützt werden?
Sind ganz nette Menschen drunter. Glauben Sie mir.
Na dann gratuliere, wenn das Ihre Freunde sind.
Bilderberg-Konferenz
Gut. Frage an Sie, Herr Professor. Von Mathias Reibenschuh. Online gestellt. Was haben Sie bei der Bilderberg-Konferenz gemacht und wie sehen Ihre Aktivitäten als Freimaurer aus?
Bei der Bilderbergerkonferenz habe ich gar nichts gemacht. Da war ich nämlich nie.
Weil da so Gerüchte sind, die halt derzeit im Raum stehen.
Ist leicht zu beantworten.
Also eine Erfindung.
Tut mir leid, da war ich nie. Wäre sicher interessant gewesen.
Freimaurer
Und sind Sie Freimaurer, Herr Van der Bellen?
Ich war Ende der 70er Jahre Freimaurer in Innsbruck. Habe dann meinen Austritt erklärt. Bin aber nicht sicher, ob man nicht trotzdem sozusagen geführt wird in der Kartei. Schauen Sie, die... Ich weiß nicht, was da sicherlich alles für Verschwörungstheorien ranken um Freimaurer. Die fünf Grundwerte sind schnell aufgezählt. Die habe ich mir zur Not noch gemerkt...
Aber aktiv sind Sie nicht mehr?
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Kann man da was dagegen sagen?
Aber Sie sind kein Freimaurer mehr. Sie sind ausgetreten.
Seit 45 Jahren.
Derzeitige Regierung
Wir kommen zum wirklich spannenden Thema dieser Wahl, um das es ja wirklich gehen wird. Margit Brandl fragt online: Ich möchte konkret wissen, wir kritisch Ihre Einstellung zur derzeitigen Regierung ist. Werden Sie zulassen, dass so weitergewurschtelt wird?
Also ich höre aus Regierungskreisen, dass im Mai ein Wahltermin ins Auge gefasst worden ist. Ob das jetzt so durchgehalten wird oder nicht, wird man erst in wenigen Wochen oder erst nach der Wahl eigentlich sehen. Weil ich glaube, dass sehr rasch nach dem 4. Dezember man sehen wird, ob dieser Wahltermin - ich habe gehört am 21. Mai - auch tatsächlich stattfinden wird.
Die Frage ist: Wie kritisch ist Ihre Einstellung zur Regierung?
Naja, wir haben... leider... wir haben die am meisten steigende Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union. Ich glaube, die dritt oder vierthöchste Steuerlast. Mir sagen die Betriebe immer: Bitte lasst uns endlich arbeiten. Bei den Schulen gibt es Probleme. Ja, es gibt viel zu tun. Und was ich kritisch sehe ist, dass alles, was geschafft worden ist, eine kleine Novelle der Gewerbeordnung ist. Also, da muss viel mehr passieren. Kern hat einen New Deal versprochen. Der muss erst einmal kommen.
Ist es eine kritische Einstellung oder eine sehr kritische Einstellung?
Es ist eine sehr kritische Einstellung. Aber Sie ist nicht hoffnungslos. Denn ich sehe, dass Doskozil eine sehr gute Arbeit macht, dass Kurz eine gute Arbeit macht und Sobotka... Wenn man jetzt einmal die Wahlen etwas ausnimmt.
Den Herrn Bundeskanzler sehen Sie als Versager? Der den New Deal versprochen hat, den er aber nicht gehalten...
Na, um Gottes.... Also Versager ist ein Wort, das ich nicht in den Mund nehmen würde. Aber ich sehe ihn als jemanden, der das versprochen hat. Und jetzt warten wir darauf, dass es kommt.
Und werden Sie zusehen, wie weitegewurtschtelt wird oder werden Sie nicht zusehen?
Letztendlich werden die Wähler bei einer Nationalratswahl, die eh bald stattfinden wird, entscheiden, wie diese Regierung gearbeitet hat. Und ich habe den Eindruck, dass viele Wähler nur eine geringe Begeisterung von der bisherigen Arbeit zeigen.
Herr Van der Bellen? Ihre Einstellung zur Regierung? Kritisch?
Ja, sicher. Ich meine... Ich glaube, es gibt keinen Kommentator in Österreich derzeit, der den Zustand der Bundesregierung jetzt ganz super findet. Die Frage ist: Woran liegt das? Können SPÖ und ÖVP nicht mehr oder liegt es an den handelnden Personen? Ich persönlich bin ja dafür, dass Legislaturperioden ausgedient werden. Wozu hat das Parlament eine fünfjährige Periode beschlossen, wenn sie dann erst wieder nur dreieinhalb Jahre dauert? Das hätten wir vorher auch haben können. Aber das ist Sache des Parlaments bzw. der Mehrheit des Parlaments, bekannt zu geben, dass Neuwahlen stattfinden. Werden wir sehen, wie das ist.
Jetzt fragt die Frau Brandl auch: Werden Sie zulassen, dass so weitergewurschtelt wird? Und Sie sind ja derjenige, der gesagt hat: Ich werde das nicht zulassen. Wenn sich da nichts tut, wenn da nicht klare Zeichen sind, dass gearbeitet wird, werden Sie zu einer Auflösung der Regierung schreiten.
Wenn so etwas noch einmal passieren würde, wie im letzten Jahr. Das hunderttausende Menschen, ohne kontrolliert zu werden unser Land durchqueren, unsere Hoheitsrechte verletzen. Es waren auch Attentäter dabei die in Paris die fürchterlichen Morde begangen haben. Also, das kann man nicht zulassen. Da wird Recht gebrochen. Aber ansonsten, wenn man sieht, es funktioniert nicht so gut und man weiß, dass ohnehin bald Nationalratswahlen sind, dann wird der Bundespräsident jetzt hier nicht eingreifen, außer darauf hinzuwirken in vielen Gesprächen und eindringlich, doch endlich in die Gänge zu kommen.
Und wenn die Regierung nicht in die Gänge kommt und keine Neuwahlen macht. Was passiert dann?
Dann wird's... Ich weiß aus Regierungskreisen, ich weiß, dass Neuwahlen bereits im Raum stehen. Und da wird der Präsident nicht eingreifen müssen. Die beiden Parteien werden sich trennen. Das werden Sie sehen.
Sie finden das richtig? Sie sind dafür, dass Neuwahlen stattfinden?
Ja, ich glaube... Natürlich, so wie auch Dr. Van der Bellen sagt, eine Periode sollte durchgedient werden. Aber wenn dann in den letzten zwei Jahren die notwendige Arbeit nicht getan wird, dann ist es besser neu zu wählen.
Also Sie sind für Neuwahlen und würden sich auch klar für Neuwahlen aussprechen.
Ich wäre für Neuwahlen, wenn es in den nächsten vier, fünf Monaten noch immer diese Streitereien zwischen Rot und Schwarz gibt.
Herr Professor?
Nun, Norbert Hofer hat in den vergangenen Monaten mehrfach gesagt, dass er die Bundesregierung entlassen wird, wenn sie nicht spurt. Spuren heißt aber, wenn sie nicht seinen Vorstellungen folgt, sondern anderen folgt. Dann muss man sich schon fragen: Was passiert dann? Wir haben die Bundesregierung entlassen. Und stehen wir dann ohne Bundesregierung da oder ist es der Weg Neuwahlen zu erzwingen? Ich kann aus meiner Sicht nur sagen: Ich werde die Bundesregierung nicht entlassen. Sie hat mein Grundvertrauen, dass sie sich ehrlich bemüht. Von mir aus wird eine solche Initiative nicht gesetzt werden. Sondern die Auflösung des Parlaments ist Sache des Parlaments.
Wir gehen in eine kurze Werbepause. Und dann möchte ich Sie - angeregt von den Lesern - fragen, was werden Sie tun in der Zusammenarbeit mit der Regierung. Wie werden Sie mahnen, wie werden Sie die Regierung vielleicht antreiben? Und wie ist die Stellung zu diversen Reformen, zu diversen Problemen in diesem Land. Wir kommen gleich wieder.
Pause
Opernball
Willkommen zurück liebe Zuseherinnen und Zuseher von oe24.at. Wir kommen ins Finale. In die letzte Runde eines sehr, sehr spannenden ersten Fernsehduells zwischen Alexander Van der Bellen, Norbert Hofer. Zweieinhalb Wochen noch bis zur Hofburgwahl. Das ist das erste von vier sicherlich sehr, sehr spannenden Fernsehduellen. Mit sehr viel inhaltlichen Divergenzen. Aber auch mit viel Sachlichkeit diesmal muss ich sagen. Kompliment an beide Herren. Wir kommen in die letzte Runde. Da beginne ich mit einer ganz überraschenden Frage: Eine Userin wollte von Ihnen wissen, sehr geehrter Herr Professor. Und zwar ist das die Michaela Pölz: Ich würde gerne wissen, ob Sie den Opernball eröffnen werden und ob Ihre Frau als ehemalige ... die Opernballdemonstrantin dann an Ihrer Seite sein wird?
Ja, ich weiß nicht, ob meine Frau jemals Anti-Demonstrantin war. Aber es gehört zu den inoffiziellen Pflichten, glaube ich, am Opernball teilzunehmen. Das werden wir dann mit Vergnügen machen.
Also, Sie werden dabei sein.
Ja.
Sie, Herr Hofer?
Ja natürlich werde ich auch dabei sein.
Gehalt vom Bundespräsidenten
Darf ich einmal sagen: Amtsverständnis. Sehr viele Fragen, überraschend viele, haben sich einem sehr banalen Thema gewidmet, dass Donald Trump sozusagen ins Gespräch gebracht hat. Hannelore Lies aus Eisenstadt will wissen: Sind 24.322 Euro Gehalt für einen Bundespräsidenten gerecht? Werden Sie Teile davon spenden? Und Michael Kroda schreibt: Donald Trump verzichtet auf sein Gehalt. Werden auch Sie diesem Beispiel folgen und auf Ihr Gehalt verzichten?
Grüße an Hannelore Lies, die ich sogar kenne, glaube ich - aus Eisenstadt. Wenn es die ist, die ich meine. Ich werde es so halten, wie bisher. Ich spende auch jetzt schon einen Teil meines Gehaltes und werde dann natürlich einen noch größeren Teil des Gehaltes spenden. Ich glaube, dass das ein sehr, sehr hohes Einkommen ist, das ein Bundespräsident bekommt. Und, dass er auch einen Beitrag leisten soll für jene, denen es eben nicht so gut geht.
Herr Professor?
Ganz ähnlich. Will vielleicht spöttisch hinzufügen: Donald Trump kann sich das leisten. Er ist Milliardär. Meines Wissens ist keiner von uns beiden Milliardär.
Also, sie werden das Gehalt kassieren, wollen aber spenden.
Ja, ist schön, dass man...
Verzichten werden Sie nicht?
Und wer noch? Nein, verzichten werde ich nicht.
Amtswohnung
Werden Sie auf die Amtswohnung verzichten, oder...
Ich hoffe, dass ich in meiner jetzigen Wohnung bleiben kann. Aber das ist alles zu besprechen nach der Wahl.
Also, Sie brauchen keine Amtswohnung?
Ich hoffe nicht.
Herr Hofer, Sie haben gesagt, Sie werden aus Ersparnisgründen in die Hofburg ziehen. Das heißt, Sie wären dann unser echter Kaiser.
Nein, das bin ich nicht. Aber das wäre die günstigste Variante. Und ich habe gesagt, ich möchte in Mürzsteg - Mürzsteg verursacht Kosten um in etwa 30.000 Euro im Monat - für touristische Zwecke verpachten. Dann hat auch die Region mehr davon. Die Republik hat Einnahmen und das kommt dem Steuerzahler zu Gute.
Aber wohnen würden Sie samt Family gerne in der Hofburg.
Ja, irgendwo wo es so sinnvoll und so günstig ist wie möglich. Man muss ja auch im privaten Bereich Staatsgäste empfangen. Es gibt ja auch diese privaten Treffen zu Hause. Und das muss man bestmöglich organisieren.
Arbeitslosigkeit
Ja, ganz viele Fragen beschäftigen sich mit dem Thema Arbeitslosigkeit und mit dem Thema Wirtschaftsaufschwung in Österreich. Unter anderem die Frage einer Seherin: Was können wir tun, um den Wirtschaftsaufschwung in Österreich zu sichern und entsprechende Impulse zu setzen? Und wie schauts mit der Arbeitslosigkeit aus. Wir dramatisch ist sie?
Die Arbeitslosigkeit trifft uns ins Mark. Das ist ein persönliches Schicksal und auch ein Problem für den Staat. Was kann ein Bundespräsident tun? Er hat zwei Möglichkeiten: Er muss darauf drängen und beharren, dass es zwischen dem Rechnungshof und der Regierung zu einer Schnittstelle kommt, die darauf achtet, dass die Vorschläge in der Projektplanung umgesetzt werden. Warum? Weil die meisten Unternehmer sagen: Ich würde gerne Mitarbeiter beschäftigen, aber es gibt zu viel Bürokratie. Es gibt eine zu hohe Steuerlast. Lasst uns doch bitte endlich arbeiten. Das zweite, was der Präsident machen kann, das sind die Reisen mit Wirtschaftsdelegationen ins Ausland um Aufträge zu bringen. Ich habe jetzt einen Termin mit dem Chairman der Bank of China. Es gibt die Kontakte nach USA, Russland. Alles das muss man nutzen um Aufträge ins Land zu holen.
Herr Professor Van der Bellen, wir dramatisch ist die Arbeitslosigkeit und was kann der Bundespräsident tun?
Das ist dramatisch. 500.000 sind ein Rekord. Ein trauriger Rekord seit 1945. Und Arbeitslosigkeit, vor allem, wenn sie länger dauert, ist etwas wirklich Furchtbares. Sie verlernen, dass, was Sie schon gewusst haben. Die Fähigkeiten, die sie tatsächlich haben. Manche werden depressiv. Also, ich will das gar nicht auswalzen. Es ist ein Riesenproblem.
Was kann der Bundespräsident tun in dieser Frage?
Er kann alles das tun, was Norbert Hofer soeben gesagt hat. Ich kann das nur unterstützen. Er kann weiter Wirtschaftsforscher, Minister, zuständige Minister zusammenbringen, die Gewerkschaften, mit denen an einen Tisch sitzen. Wirtschaftsvorstände, Leute aus Aufsichtsräten und Vorständen, dass da einmal ein Gespräch entsteht: Ja, wo drückt der Schuh. Die Sache mit der Bürokratie höre ich zum Beispiel sehr viel von Gasthäusern, Restaurantbetreibern... Was die nicht alles für Vorschriften zu beachten haben. Und ich muss ehrlich sagen: Ich verstehe nicht den Sinn jeder Vorschrift.
Also, es soll eine Arbeitsplatzoffensive geben?
Ja.
Muss es geben.
Vor allem in Tourismusgebieten, wo ja das Gasthaus nur in bestimmten... Also nur Samstag, Sonntag zum Beispiel. Oder, wenn das an einem See liegt, wenn das Wetter schön ist. Sonst ist ja niemand da, kann mans auch nicht die ganze Zeit betreiben. Also da haben wir ganz ernsthafte Schwierigkeiten. Das allerwichtigste, Herr Fellner. Das allerwichtigste, was den Arbeitsmarkt und die Arbeitsplätze betrifft, ist: Nicht reden über einen ÖXIT. Die Zugehörigkeit zur Europäischen Union ist überhaupt das wichtigste, was wir für den Arbeitsmarkt tun können um diese Zugehörigkeit zu erhalten.
Da gebe ich Ihnen recht. Deswegen soll man auch den ÖXIT nicht permanent inserieren und dieses Gespenst dauernd an die Wand malen.
Aus guten Gründen.
Jan Waldmüller schreibt: Was werden Sie gegen die Schulden von Österreich unternehmen? Wie gehen Sie mit dem steigenden Defizit um?
Genau das gleiche Problem. Der Rechnungshof hat tolle Vorschläge vorgelegt, wie wir Österreich besser organisieren. Wie die Steuerzahler entlastet werden können. Wie die Schuldenlast sinken kann, ohne, dass die Leistungen für die Österreicher angegriffen werden.
Das heißt, eine neue Wahlkampfaussage von Ihnen ist: Mehr Macht für den Rechnungshof.
Rechnungshof
Die Schnittstelle brauchen wir. Die Schnittstelle zwischen Rechnungshof und der Bundesregierung mit einem Team von Leuten, die wirklich etwas von Projektmanagement und Projektplanung verstehen.
Herr Professor, sehen Sie das auch so? Mehr Macht für den Rechnungshof?
Würde ich nicht gerne unterschreiben. Weil eine untersuchende Stelle gleichzeitig mit Macht auszustatten, ist - brauche ich Ihnen nicht sagen - immer etwas Problematisches. Also in Firmen ist der Controller, er hat eine wichtige Aufgabe, aber ihn gleichzeitig mit der Exekutiv macht auszustatten, das wäre mir jetzt neu. Was wollte ich noch... Wie war die Frage... Es war nicht nur den Rechnungshof, sondern...
Die Schulen. Das Defizit.
An und für sich verstehe ich die Frage nicht ganz. Weil die Defizite stabil bzw. sinkend sind im Bundesbudget. Und die Verschuldung zwar hoch, die staatliche Verschuldung hoch aber tendenziell sinkend im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt.
Aber Sie sehen es nicht so dramatisch wie der Herr Hofer.
Ist nicht so dramatisch, wie es noch vor einigen wenigen Jahren war.
Gleichgeschlechtliche Ehe
Jetzt zwei überraschende Fragen, aber auch sehr oft gestellt: Sogar Donald Trump steht zur Homo-Ehe. Wie stehen Sie zur Homosexuellen-Ehe?
Sexualität ist für mich Privatsache. Zwei Partner sollen so leben, wie sie wollen. Aber die Ehe wurde dazu geschaffen, um auch die Kinder zu schützen, die daraus entstehen können. Das heißt, ich bin für die Partnerschaft, für die Verpartnerung, aber nicht für die Ehe.
Herr Professor?
Für mich ist das eine Frage: Was folgt aus den Grundprinzipien von Freiheit und Gleichheit und der Nicht-Diskriminierung auf den verschiedenen Gebieten. Zum Beispiel auf Grund sogenannter geschlechtlicher Unterschiedlichkeit. Also... genau die gleichen...
Präsident Van der Bellen für...
Würde ich... Habe ich immer schon gesagt: Genau die gleichen Rechte für Homos, Heteros und wen das auch betrifft. Auch im Bereich...
Also ein klares 'Ja' zur Homosexualität.
Ein klares 'Ja'.
Legalisierung von Marihuana
Herr Hofer, nächste Frage, auch etwas skurril, aber auch dutzendfach gestellt: Immer mehr Staaten in den USA legalisieren Marihuana, schreibt Michael Groda. Sind Sie dafür, dass man Marihuana auch in Österreich legalisiert?
Nein, auf gar keinen Fall. Wir haben schon mit Alkoholmissbrauch genug Probleme. Wir brauchen nicht noch eines.
Herr Professor?
Nein.
Sie sind gegen die Legalisierung von Marihuana?
Ja.
Das heißt, bei Ihnen beiden in der Hofburg wird es keinen Präsidenten geben, der für die Legalisierung eintritt...
Es mag schon einmal ein Rauch aufgehen, beim Feinster hinausgehen, aber nicht dadurch.
Stichwortliste: Legalisierung, Van der Bellen
Das mag heute sein Standpunkt sein. 2002 sagte er der Presse noch, dass 'Cannabis keine Droge' sei.
derstandard.at (11.08.2002)
Auch im April diesen Jahres gab es in einem Ö3 Interview weder ein klares Ja, noch ein klares Nein. Gleichzeitig sprach er sich immer schon für einen starken Jugendschutz aus.
orf.at
Auch eine Antwort von van der Bellen auf eine Frage in einem Online-Forum im September 2008 erscheint erwähnenswert: '[...] aus Sicht der Grünen geht es nicht um eine Legalisierung, sondern um eine Entkriminalisierung des Konsums von Cannabis, da es ein vollkommen falscher Ansatz ist, KonsumentInnen weicher Drogen vor den Strafrichter zu stellen.'
meinparlament.wienerzeitung.at
Gespaltenes Land
Viel ernsthafter ist die Frage, die auch sehr viele User gestellt haben: Stehen wir vor einem gespaltenen Land? Und was werden Sie - und da kommen wir jetzt zum Schluss dieser Diskussion... Und was werden Sie tun, um diese aufgeschütteten Gräben wieder zuzuschütten. Herr Professor?
Ich sage einmal: Kommts oba Leute. Die Bundespräsidentenwahlen knapp ausgehen ist bei Gott nichts Neues. Auch nicht in der österreichischen Geschichte. Aber ja, es gibt wesentliche Unterschiede zwischen beiden Kandidaten. Ja, es ist eine Art Richtungsentscheidung für die kommenden Jahre. Und da vertreten die FPÖ bzw. Herr Hofer andere Prinzipien und Grundwerte als die Bewegung, die hinter mir steht. Die mittlerweile sehr, sehr breit ist. Und von Teilen der...
Sie wollen Gräben zuschütten?
Würde ich versuchen. Weil Österreich war in der Vergangenheit immer groß, Herausforderungen zu meistern, wenn diese gemeinsamen Interessen einmal definiert wurden und dann auch umgesetzt wurden. Also in der Gemeinsamkeit würde ich sagen, liegt gerade in Österreich eine große Stärke.
Herr Hofer?
Ich möchte auch ein bisserl die Österreicher verteidigen. Wir haben einen Wahlkampf, der hat zehn Monate gedauert. Das hat es noch nicht gegeben, dass da... Und ein blauer Kandidat und ein grüner...
Mit Morddrohungen, mit Hasspostings...
Ganz viele, auf beiden Seiten. Fürchterlich.
Polizeischutz.
Fürchterlich. Aber, für mich ist ganz klar - und ich bin mir ganz sicher, dass es Dr. Van der Bellen auch so machen wird. Einer von uns beiden wird diese Wahl gewinnen. Und der jeweils andere Kandidat wird dem Wahlsieger gratulieren und wird auch seine Wähler bitten, den Präsidenten zu unterstützen. Da werden wir sicher den gleichen Weg wählen.
Wer wird die Wahl gewinnen?
Wer wird denn gewinnen und warum?
Gewinnen werden am Ende die Österreicherinnen und Österreicher...
Aber welcher Kandidat wird gewinnen?
...weil der Wahlkampf vorbei ist.
Welcher Kandidat?
Das wird sich weisen. So übermütig will ich nicht sein. Warten wir den 4. Dezember ab.
Herr Professor, Sie wissen, welcher Kandidat gewinnen wird?
Der mit der breitest möglichen Unterstützung. Und das bin: Ich.
Wahlanfechtung
Letzte Frage: Wir haben ja einen elfmonatigen Wahlkampf. Würden beide Herren heute hier am Tisch garantieren, dass sie die Wahl nicht noch einmal anfechten. Oder sehen wir uns in vier bis fünf Monaten in dem Studio wieder?
Nein, es wird keine Anfechtung geben, weil das wird eine Wahl sein, wo wirklich alles funktionieren wird. Sonst würde sich Österreich derartig lächerlich machen, wenn wieder etwas passiert. Nein, das wird funktionieren.
Das heißt, Sie meinen, man kann beruhigt wählen gehen. Es wird nicht... Sie garantieren, dass Sie nicht mehr anfechten?
Ich gehe davon aus, dass nichts passiert. Überhaupt nichts passiert.
Aber wollen Sie noch einmal anfechten?
Ich werde nicht anfechten.
Herr Professor?
Ich habe noch nie eine Wahl angefochten. Und ich glaube, dass diesmal...
Moment....
...wirklich alle Behörden, alle Gemeinden, Bezirkswahlbehörden und so weiter... alles was menschenmöglich ist tun, damit das ordnungsgemäß abläuft.
Aber die Grünen haben schon Wahlen angefochten. Das muss man schon sagen.
Verabschiedung
Meine beiden Herren. Ich danke vielmals fürs Kommen. Es war ein ganz spannender Auftakt. In spannenden zweieinhalb Wochen. Am 4. Dezember wählen wir. Am 5. Dezember sehen wir uns entweder alle drei oder zumindest zwei wieder. Würde mich freuen, wenn es alle drei sind. Ich wünsche Ihnen für diese zweieinhalb Wochen viel Kraft - beiden.
Danke.
Eine spannende Wahl. Wir werden diese Wahl als News-Sender rund um die Uhr begleiten. Auch am 4. und dann am 5. Am Abend des 5. werden wir das Resultat haben. Danke fürs Kommen.
Vielleicht auch erst am 6.
Vielleicht dürfen wie a la Donald Trump die Nacht nocheinmal durchmoderieren. Ich danke beiden Herren fürs Kommen...
Ich danke für die Einladung.
...überraschend faire, sehr staatstragende, sehr sachliche und sehr informative Diskussion.
Liegt am Moderator.
Danke vielmals, Herr Professor. Danke fürs Zuschauen. Und bitte nicht schlafen gehen, denn jetzt kommt die spannende Analyse mit acht Experten, die versuchen analysieren zu können: Wer hat gewonnen, wer hat welche Position heute vertreten und wie spannend wird dieses Duell. In diesem Sinne: Bitte bleiben Sie dran. Ich darf mich verabschieden und mit beiden Kandidaten Danke fürs Zuschauen sagen. Danke schön.
Schönen guten Abend.
Dankeschön.
Quellen |
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Quelle | oe24.tv |
Header | oe24.tv |
Wolfgang Fellner (Bild) | |
Norbert Hofer (Bild) | Wikipedia/Franz Johann Mo... |
Alexander Van der Bellen (Bild) | Manfred Werner/Tsui CC... |
Statistik |
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Person | Zeichen | in % | Wörter | in % |
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Wolfgang Fellner |
21.946 | 30.58 % | 3.568 | 30.55 % |
Norbert Hofer |
24.447 | 34.07 % | 4.075 | 34.89 % |
Alexander Van der Bellen |
25.363 | 35.35 % | 4.037 | 34.56 % |
Gesamt |
71.756 | 11.680 |