Transkript vom Gespräch zwischen Armin Wolf und Norbert Hofer (Bundespräsidentschafts-Kandidat der FPÖ) in der ZIB2 vom 7. September 2016.
Während dem Transkribieren ist mir aufgefallen – weil ich es bisher noch bei keinem Kandidaten beobachten konnte-, dass Norbert Hofer – als Inverviewter – schon während der Fragestellung eingreift: Und zwar mit „Mhm“, „Mmm“, etc. – oft bis zu vier Mal in Fragen. In einem zusätzlichen PDF sind diese Kommentare integriert.
ORF
Transkriptstatus: Mittwoch, 7. September 2016
Quelle: ORF TVthek
Bildquelle: tvthek.orf.at (Screenshot)
Die Idee hinter dem Transkript ist, ein gesprochenes TV-Interview auch in einem zusätzlichen Kanal – und zwar in Textform – zur Verfügung zu stellen. Oft ergeben sich beim Lesen andere und klarere Zusammenhänge. Strukturen werden erkannt und eigentliche Botschaften, Textbausteine werden noch klarer und können weiter recherchiert werden. Wir möchten Politik, politische Ideen und Veränderung und den Weg in ein neues, offenes und mitgestaltbares politisches Zeitalter unterstützen. Und dem Gesagten mit dem Transkript einen ernstzunehmenden anderen Zugang sowie eine möglichst breite Reflexion bieten. Danke an die ModeratorInnen und die TV-Anstalten, dass Interviews transkribiert werden können.
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- Alexander Van der Bellen (-) (folgt am 09.09.2016)
- Norbert Hofer (FPÖ) (07.09.2016)
Norbert Hofer: Guten Abend.
Naja, wir haben in Österreich einen roten Bundeskanzler. Wir hatten einen roten Bundespräsidenten. Wir haben viele rote Landeshauptleute, eine rote Parlamentspräsidentin. Wir haben in der ÖIAG viele rote Funktionäre. Und ich wäre in dieser Funktion der erste – in einer Spitzenfunktion – der eben nicht aus dem Stall von SPÖ oder ÖVP kommen würde. Und wer dann Kanzler wird, das wird die Zukunft weisen.
Norbert Hofer: Ich bin ein Freiheitlicher Kandidat und ich vertrete Freiheitliche Positionen. Davon gehe ich keinen Millimeter ab. Und da ist es ganz schwer, mich davon zu überzeugen, dass eine Position, die ich vertrete, für die FPÖ falsch wäre. Ich habe mir das immer sehr genau überlegt, warum ich diese Position vertrete. Nachdem ich aber Parteiprogramm hauptverantwortlich mit dabei war, ist es für mich ganz, ganz leicht, hinter diesen Positionen zu stehen.
Pressekonferenz Norbert Hofer, 28.01.2016. Transkript: neuwal.com
Naja, als Bundespräsident hat man überparteilich zu sein. Aber ich will nicht so tun, als wäre ich kein Freiheitlicher Kandidat. Ich glaube, das würde mir auch niemand abnehmen. Ich habe ja am Parteiprogramm auch mitgewirkt und ich habe diese Position. Aber natürlich, als Bundespräsident habe ich auch andere Mehrheiten zur Kenntnis zu nehmen. Das heißt, wenn sich nach einer Nationalratswahl andere Mehrheiten bilden oder wenn die Mehrheiten im Parlament etwas beschließen, was vielleicht nicht so meine Meinung ist, auch das muss ein Bundespräsident zur Kenntnis nehmen.
Armin Wolf: Herr Hofer, das haben Sie schon ganz anders gesagt. Sie haben letzte Woche im Report Studio gesagt: Wenn die Regierung die Steuerquote in Österreich erhöht…
Norbert Hofer: Genau.
Armin Wolf: …entlassen Sie sie.
Norbert Hofer: Das habe ich nicht ganz anders gesagt, weil ich die Dinge, die ich sage, zu denen stehe ich immer. Ich habe im Gegensatz zu vielen anderen einen geraden Weg. Wenn die Bundesregierung sagen würde: Die Vorschläge des Rechnungshofs, die auf dem Tisch liegen, sind uns vollkommen egal. Wir setzen die nicht um – man kann nicht alle umsetzen -, aber, wir setzen sie nicht um. Und stattdessen erhöhen wir die Steuerquote weiter. Dann wissen wir, dass es Arbeitsplätze in Österreich vernichten würde.
Interview: Norbert Hofer bei Armin Wolf in der ZIB2, 18.05.2016. Transkript: neuwal.com
Eine Erhöhung der Steuern- und Abgabenquote ist aus meiner Sicht kritisch. Weil uns jeder Experte sagt, es würde sehr viele Arbeitsplätze in Österreich vernichten. Das denkt aber glaube ich niemand an. Angedacht sind singuläre Maßnahmen aber gleichzeitig keine Erhöhung der Steuern- und Abgabenquote. Natürlich haben wir überlegt, wie kann ein Bundespräsident auch tagespolitisch eingreifen. Das muss ja nicht dadurch sein, dass man sagt: Na Gott, Ihr müsst das alles umsetzen. Sondern, ich kann ja auch – Beispiel – beim Pflegegeld – und ich weiß, es gibt einen zu hohen Inflationsverlust, ja auch mit medialer Begleitung Menschen treffen, die unter diesem Inflationsverlust zu leiden haben. Diesen medialen Druck mitbringen. Auch so kann ein Präsident wirken.
Ich bin natürlich reifer geworden.
Ich habe in diesem Wahlkampf so viel erlebt. Und man lernt ja dazu. Und ich weiß ganz genau, dass ein Präsident natürlich jemand sein muss, der auch sehr behutsam vorgeht. Natürlich kraftvoll auch und mit einer klaren Linie. Aber man muss in der Wortwahl doch jemand sein, der Brücken baut und nicht trennt.
Harald Vilimsky: Dorthin zielt meine Politik ab. Dass nämlich zwanzig Jahre nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union das Volk jetzt gefragt wird, ob wir weitermachen wollen in diesem Europäischen Unionsgebilde. Oder, einen rot-weiß-roten Weg wieder gehen wollen. Und jetzt sind wir genau in einer Situation, wo sich international auch ein Umfeld aufbereitet, dass hier in Österreich eine Volksabstimmung über einen weiteren Verbleib Österreichs in der Europäischen Union mehr als dringlich anzuraten ist und auch durchgeführt werden soll.
Ich bin ja für das Parteiprogramm der FPÖ verantwortlich. Ich habe es nicht alleine geschrieben, aber ich bin dafür verantwortlich. Und wir haben dort im Kapitel Europa festgelegt, wie wir uns ein zukünftiges Europa vorstellen. Nämlich mit einem klaren Bekenntnis zur Europäischen Integration. Aber auch der Notwendigkeit, dass sich diese Europäische Union weiterentwickeln muss. Aber ich habe ja schon oft gesagt: Ich bin dafür, dass wir ein subsidiäres Europa bauen. Das heißt, dass es in einigen Bereichen mehr Europäische Union gibt – in der Sicherheitspolitik zum Beispiel. Aber, dass es andere Bereiche gibt, wo man sagen muss: Das können die Mitgliedsländer besser machen.
Ja, ja.
Ich bin unter zwei Voraussetzungen dafür, die Menschen zu fragen, ob Sie noch Mitglied in der Union sein wollen.
Aber ich sage Ihnen meine Meinung.
Es gilt das Parteiprogramm. Und es gilt das, was ich seit Monaten sage. Nämlich: Dass es die zwei Punkte sind, wo ich glaube, dass die Union das nicht verkraften würde und Österreich auch nicht. Aber ich sage…
Aber die Union muss sich weiterentwickeln. Die Union kann nicht so bleiben, wie sie ist. Auch das müssen wir sehen, wenn wir Europäer sein wollen. Denn der BREXIT kam ja nicht aus heiterem Himmel. Da gab es ja Ursachen dafür. Und wir müssen gemeinsam daran arbeiten, diese Union weiter zu entwickeln, damit sie Zukunft hat.
Das trifft auf TTIP zu und nicht auf CETA.
Richtig. Aber das trifft auf… Ich habe diesen Text nicht selbst geschrieben, diese Presseaussendung. Aber der Text zu TTIP ist nicht bekannt – zu CETA natürlich.
Natürlich.
UN human rights chief Zeid Ra’ad Al Hussein calls for world to reject populist bigots – in full (06.09.2016, theguardian.com)
Und mich mit dem Islamischen Staat verglichen.
Ich würde den Herrn gerne kennenlernen. Ich glaube, dass wenn er mich persönlich kennenlernt und wenn ich mit ihm sprechen kann, dass er dann ein anderes Bild bekommt. Vor allem der Vergleich mit dem Islamischen Staat. Das sind Menschen, die schlagen anderen Leuten den Kopf ab. Das ist etwas, was nicht in Ordnung ist.
Nein. Weil, dass, wenn man auf europäischer Ebene in einer Fraktion ist, heißt nicht, dass man dieselben Parteiprogramme hat. Die ÖVP ist mit der FIDES von Viktor Orban in einer Fraktion und haben auch nicht die gleichen Wahlprogramme.
Aber, was man brauchen würde, ist schon ein Koran in einer Übersetzung, damit es ja endlich einmal einen Text gibt, den man auch einsehen kann, den man verstehen kann. Es gibt hier ja ganz, ganz viele Versionen. Der Islam ist eine anerkannte Glaubensgemeinschaft in Österreich. Und es wäre gut, wenn wir hier einen Text hätten, der approbiert ist und der allgemein gültig ist.
Es sollte eine Version des Koran geben, die als offizieller Koran der muslimischen Glaubensgemeinschaft Geltung hat.
Na, ich will überhaupt nichts verbieten. Ich sage nur, das wäre wesentlich für die anerkannte Glaubensgemeinschaft. Denn andere Kirchen, die evangelische Kirche, die katholische Kirche, die haben ja auch ein Schriftwerk, die Bibel, die allgemein anerkannt ist.
Zuerst: Behinderung ist keine Krankheit. Behinderung ist etwas völlig Anderes. Ich habe meinen Befund veröffentlicht in meinem Buch, das ich schon vor Jahren herausgegeben und veröffentlicht habe. Nämlich: Leben nach der Querschnittlähmung. Wo eben auch drinnen steht, dass ich diese Querschnittlähmung habe. Und dort kann man sich das auch ansehen. Aber ich mache daraus kein Geheimnis. Natürlich ist es bei mir so, dass ich, wenn ich meinen Alltag meistere, mich doppelt anstrengen muss, weil eine Gehbehinderung etwas ist, was Dich natürlich behindert. Aber man kann damit arbeiten und man kann damit leben.
Jaja, ich war auch in Washington. Das, das geht natürlich alles. Aber zu dieser Geschichte, die der KURIER veröffentlicht hat. Ich hatte einen schweren Unfall nach meinem ersten Unfall. Ich hatte eine schwere Verletzung am Bein, so dass auch der Knochen freigelegen ist. Und das ist über lange Zeit nicht verheilt. Es hat dann ganz viele Operationen gegeben. Und für mich war dann irgendwann der Punkt da, als es geheißen hat: Der Fuß muss amputiert werden. Und jeden Tag Wundfieber. Ich habe so ein Gerät getragen, dass mir das Blut aus der Wunde während der Arbeitszeiten abgesaugt hat. Wo ich gesagt habe: Es geht jetzt nicht mehr. Und da habe ich diese Berufsunfähigkeitspension beantragt. Aber ich hatte dann das Glück, das der Fuß verheilt ist. Ich habe viel Unterstützung von der Familie gehabt und bin jetzt… Der Fuß ist verheilt. Ich bin einsatzfähig und bin sehr glücklich darüber. Ich finde es nur schade, dass sich eine Zeitung für so etwas hergibt.
Den wahren Norbert Hofer, den können Sie ja fragen, wenn Sie Menschen fragen, die tagtäglich mit mir beieinander sind. Oder den Bürgermeister meiner Heimatgemeinde, der nicht meiner Fraktion angehört oder Freunde, Bekannte. Ich habe das damals wirklich nicht so negativ gemeint, wie es rübergekommen ist. Ich habe damit nicht gemeint, dass ich drohen will. Sondern, die Frage war ja damals von der Moderatorin: Naja, können Sie überhaupt irgendetwas umsetzen als Bundespräsident. Und ich sage: Ja, man kann etwas umsetzen. Man kann etwas positiv bewirken. Aber angekommen ist es ganz anders. Und das hat mir sehr geschadet.
Das tut mir leid, das war nicht meine Absicht.
Ich bin fest davon überzeugt, dass das eine Wahl sein wird, die ganz genau kontrolliert sein wird. Und, dass es hier nichts geben wird, wo es einen Grund zur Anfechtung gibt. Dass die Wahlkartenprobleme jetzt früh genug aufgetaucht sind, das ist ein großes Glück. Das wird in Ordnung gebracht werden. Und ich bin mir sicher, es wird bei diesem Wahlgang alles in Ordnung sein und niemand wird diese Wahl anfechten.
Ja das hat nichts damit zu tun, wie knapp es ausgeht. Sondern, es wird so ablaufen, dass es in Ordnung ist.
Nein, es konnte ja niemand wissen, wie der Verfassungsgerichtshof entscheidet.
Ja, aber die Dinge, die uns vorgelegt worden sind, waren so schwerwiegend, dass man das einfach einklagen musste. Und ist auch gemacht worden. Aber diesmal glaube ich, wird alles klappen.
Ja, bei einem… Am Verfassungsgerichtshof kann nur einklagen, wer verloren hat. Das ist der erste Punkt. Und der zweite Punkt ist: Wir hatten diese Informationen beim ersten Wahlgang nicht.
Das Wahlergebnis kann von jedem „zustellungsbevollmächtigten Vertreter eines dem Gesetz entsprechenden Wahlvorschlages angefochten werden“, sagt § 21 des BP-Wahlgesetz
§ 21. (1) Die Bundeswahlbehörde hat das Ergebnis der Wahl (§ 17, gegebenenfalls § 20) auf der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres sowie im Internet unverzüglich zu verlautbaren.
(2) Innerhalb einer Woche vom Tag der Verlautbarung kann die Wahlentscheidung der Bundeswahlbehörde (Abs. 1) beim Verfassungsgerichtshof wegen jeder behaupteten Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter eines dem Gesetz entsprechenden Wahlvorschlages (§ 9) angefochten werden. Die Anfechtung hat den begründeten Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben zu enthalten. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Anfechtung längstens innerhalb von vier Wochen nach ihrer Einbringung zu entscheiden. Auf das Verfahren über solche Anfechtungen sind die Bestimmungen der §§ 68 Abs. 2, 69, 70 Abs. 1 und 4 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 sinngemäß anzuwenden.
Quelle: Facebook-Seite Armin Wolf durch Hinweis von Moritz Moser, Gesamte Rechtsvorschrift für Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, Fassung vom 08.09.2016
Nein, hatten wir nicht. Und ich stelle mir schon die Frage, wie lange das schon so geht in Österreich. Also, ich glaube nicht, dass das bei dieser Wahl jetzt zum ersten Mal der Fall war, dass es diese Probleme gab. Es ist sicher schon länger der Fall. Und ich bin froh und sehe das als Chance, ein neues Wahlrecht zu verabschieden, das besser sein wird.
Danke Herr Doktor Wolf. Danke.
Erweitertes Transkript
Beim Tanskribieren ist mir eine Eigenheit aufgefallen, die ich zuvor noch nicht beobachten konnte. Norbert Hofer scheint der bisher einzige Politiker – zumindestens bei den bisherigen Transkripten – zu sein, der Fragen schon während der Fragestellung mit „Mhm“, „Mm“, etc. kommentiert, mit Stimmlage beurteilt und damit interagiert. In diesem PDF sind die „Mhms“ blau in den Fragentext inkludiert:
Transkript vom Gespräch zwischen Armin Wolf und Norbert Hofer in der ZIB2 vom 07.09.2016 by neuwal. Politik- und Wahljournal on Scribd
Dieter Zirnig
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