Transkript zum Interview von Tarek Leitner mit Matthias Strolz (NEOS) im Rahmen der ZIB2 innenpolitischen Interviewserie zum Jahreswechsel vom 02.01.2015.
Freitag, 2. Jan. 2015 um 22:20
ORF2
Transkriptstatus: 2. Jan. 2015, 23:57
Quelle: http://tvthek.orf.at/program/ZIB-2/
Bildquelle: orf.at
Die Idee hinter dem Transkript ist, ein gesprochenes TV-Interview auch in einem zusätzlichen Kanal – und zwar in Textform – zur Verfügung zu stellen. Oft ergeben sich beim Lesen andere und klarere Zusammenhänge. Strukturen werden erkannt und eigentliche Botschaften, Textbausteine werden noch klarer und können weiter recherchiert werden. Wir möchten Politik, politische Ideen und Veränderung und den Weg in ein neues, offenes und mitgestaltbares politisches Zeitalter unterstützen. Und dem Gesagten mit dem Transkript einen ernstzunehmenden anderen Zugang sowie eine möglichst breite Reflektion bieten.
- Substanz, Zuwachs, klassisch oder nicht klassisch – Werner Faymann (SPÖ) mit Armin Wolf (ZIB2, 09.01.2015)
- Vogel, Strauß und Politik – Heinz-Christian Strache (FPÖ) mit Lou Lorenz-Dittlbacher (ZIB2, 09.01.2015)
- Haftungsfrage, Systemfrage und Schicksalsfrage – Reinhold Mitterlehner (ÖVP) mit Lou Lorenz-Dittlbacher (ZIB2, 08.01.2015)
- Hebamme, Knochenarbeit und Freiheitsliebe – Matthias Strolz (NEOS) mit Tarek Leitner (ZIB2, 02.01.2015)
- Glücksritter, Geduldsfaden und Intrigen – Kathrin Nachbaur (Team Stronach) mit Lou Lorenz-Dittlbacher (ZIB2, 29.12.2014)
- Nach rechts abbiegen und links blinken – Werner Kogler (Die Grünen) mit Lou Lorenz-Dittlbacher (ZIB2, 30.12.2014)
Ich denke, wir sind in der politischen Landschaft als ein fixer Faktor angekommen. Das ist ja nicht selbstverständlich für neue Parteien. Seit 1975 haben sich über 1.000 Parteien beim Innenministerium angemeldet. Geblieben sind wenige. Das ist anders bei uns: Wir sind noch da.
Nein. Ich glaube, wir machen vieles anders. Wir haben jetzt zum Beispiel mit „glasneost“ im Dezember den ersten Transparenzbericht einer Partei präsentiert. Wir legen seit Beginn unsere Gelder offen. Also alle unsere Einnahmen und Ausgaben. Wir sind sehr transparent – das ist anders. Wir haben einen neuen Stil in die Politik gebracht: Wertschätzung beispielsweise. Ich lobe auch die politischen Mitbewerber immer wieder. Wenn der Sebastian Kurz etwas ordentlich macht, dann bekommt er Lob von uns. Das ist neu. Also, wir machen vieles anders. Und ich glaube, wir haben auch bewegt. Aber ich bin bei Ihnen: Wir haben vieles zusammengebracht und manches ist nicht so gut gelaufen. Das stimmt.
Nein. Wir haben ja anderes auch noch zu tun. Also, Hebamme war mein Nebenjob, wenn man so will.
Sehe ich nicht ganz so, Herr Leitner. Meine Perspektive ist: Wir haben, seit Mitterlehner hier Parteichef ist, zwei Prozent in den Umfragen verloren. Wir halten zwischen sieben und acht Prozent in den Umfragen. Stellen Sie sich vor, Sie sind Parteichef. Sie kommen wider Erwarten ins Parlament. Und 15 Monate später halten Sie bei Umfragen mehr als 50 % höher als bei der ersten Wahl. Also, damit kann man auch zufrieden sein. Wir sind unter dem Strich dankbar. Mir und den NEOS ist es immer darum gegangen, Österreich zu erneuern.
Das ist eine ganz persönliche Geschichte zum Beispiel. Dalaas. Ich habe gesagt: „Mir ist Familie wichtiger als Politik.“ Und ich werde nicht – was manche versucht haben – einen Keil in die Politik treiben lassen. Mein Cousin ist in dieser Gemeinde Bürgermeister und auch jetzt im Landtag. Und ich habe gesagt, ich werde…
Das ist ganz lokal. Aber insgesamt… Natürlich sind wir in einer Phase, wo ich sagen würde: Wir haben alle gewusst, wir werden in dieser Phase ankommen. Das ist die Phase der harten Knochenarbeit. Nach einer Phase der Euphorie. Und die Euphorie ist vorbei.
Die Position ist hier sehr klar. Auch der Herr Haselsteiner sagt immer: „Das ist nicht Linie der NEOS.“ Das ist seine persönliche Meinung. Wir werden nicht über neue Steuern sprechen, solange die Bundesregierung nicht bereit ist, klare Strukturreformen zu machen. Beim Föderalismus, im Gesundheitsbereich, eine echte mutige Pensionsreform, wo unsere Kinder auch noch darauf vertrauen können, dass sie etwas rausbekommen. Das ist ja nicht gesichert. Und wir müssen endlich jene in die Pflicht nehmen, die einfach Geld ausgeben – „mit vollen Hosen ist leicht stinken“ – aber keine Verantwortung übernehmen. Nämlich die Landesfürsten. Die sollen entweder Steuerverantwortung übernehmen – im Namen des nächsten Finanzausgleichs. Oder sie müssen einfach mit Einsparungen rechnen.
Vermögenssteuer ist nicht Teil unseres Programms.
Auch ganz klare Linie. Wir sind zum aktuellen Zeitpunkt klar gegen Quoten in unserer eigenen Bewegung. Wir haben aber Aufholbedarf in der Teilhabe der Frauen – in der Beteiligung der Frauen. Ich habe ganz viele Frauen auch persönlich angesprochen. Aus verschiedenen Gründen zögern sie mehr, als Männer, in die Politik zu gehen. Wir haben jetzt verschiedene Aktionen gesetzt – Maßnahmen. Ein sogenanntes Promotoren-Programm aufgesetzt, wo unsere Spitzenfunktionäre, Vertreter Patenschaften übernehmen. Ich übernehme selbst auch zwei Patenschaften, wo wir Frauen begleiten – auch in eine politische Karriere. Wir haben ein wissenschaftliches Projekt gestartet – europaweit…
Das kann ich nicht sagen. Wir haben als einzige Partei in Österreich.
Nein, wir haben offene Vorwahlen. Wir sind eine Bürger-, Bürgerinnenbewegung. Und bei uns entscheiden interessierte Bürger mit – ohne Parteimitgliedschaft – wie die Liste ausschaut. Ein Drittel der Entscheidungsmacht liegt bei den Bürgerinnen und Bürgern. Und die entscheiden sich auch zunehmend stärker für Frauen, so sich Frauen auch auf den Listen anbieten.
Ja, wir haben aber zumindest vier Chefinnen und fünf Chefs in den Bundesländern. Wir haben zwei Abgeordnete in Vorarlberg – beides Frauen. Unsere erste Regierungsbeteiligung „Stadt Salzburg“ ist eine Frau. Unsere EU-Abgeordnete ist eine Frau. Wir haben – da bin ich bei Ihnen – Aufholbedarf. Und ich sage auch klar: Wenn wir das nicht durch die Maßnahmen – die wir setzen – in den nächsten Jahren aufholen können, dann werden wir auch bei NEOS über eine Frauenquote sprechen. Aber als Freund der Freiheitsliebe ist das nicht die Maßnahme erster Wahl.
Bescheidenheit haben wir sicherlich gelernt. Und das tut uns auch gut. Wir sind jetzt in dieser Phase, wo wir…
…die Chance haben, uns in sämtlichen Bundesländern zu verankern. Ich gehe davon aus, dass wir jedenfalls zwei Bundesländer in den Landtag schaffen. Das wir auch hoffentlich die Steiermark schaffen. Wien, Oberösterreich sollte uns das gut gelingen; auch die Steiermark sollte gelingen. Burgenland wird nicht einfach – die Grünen haben glaube ich drei oder vier Anläufe gebraucht. Aber wir werden es probieren, so wie es ausschaut. Es ist wichtig, wir sind eine…
Und dann schauen wir weiter. In Wien wäre die Prozentangabe bei 7.5 Prozent – haben wir uns als Ziel gesetzt. Also wir gehen Schritt-um-Schritt. Wir bewegen in Themen wie Bildung. Die Regierung muss sich jetzt einem Bildungskonvent stellen – zwischen den zwei Parteien. Wir haben Pensionsprivilegien im ersten Halbjahr des letzten Jahres zu einer Kürzung gebracht. Wir bringen die HYPO zur Aufklärung. Also, wir bewegen in kleinen Schritten und da muss man auch auf regionaler, kommunaler Ebene Kraft sammeln.
Nein, ich habe Sie noch nicht getroffen. Aber es wird sich irgendwann Gelegenheit finden, dass wir uns kennenlernen.
Aber ich habe kein konkretes Angebot. Das hat noch Zeit würde ich sagen.
Danke, Ihnen auch.
Dieter Zirnig
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