Am 6. Feb. 2014 wurde die Wahlallianz von KPÖ, Piratbilderenpartei und Der Wandel in einem Pressegespräch näher vorgestellt. „Europa Anders“ (Kurzform: ANDERS) wird sich das Wahlbündnis nennen und sich verstärkt sozialen Themen widmen. Hier alle Informationen vom Pressegespräch mit Daniela Platsch (Der Wandel), Didi Zach (KPÖ) und Christopher Clay (Piratenpartei) und den teilnehmenden JournalistInnen.

» Website europaanders.at


Inhalt
1. Audiofile vom Pressegespräch
2. Statement: Daniela Platsch (Der Wandel)
3. Statement: Didi Zach (KPÖ)
4. Statement: Christopher Clay (Piratenpartei)
5. Pressefragen
6. Bilder
7. Weitere Infos
8. Livestream


Aufnahme vom Pressegespräch mit einigen Handygeräuschen vom Nachbarn, trotzdem recht gut verständlich.

„Europa gewinnt den Friedensnobelpreis und feiert volle Sackgassenparty“ – Daniela Platsch (Der Wandel)
Wir sind die, die auf der ganzen Welt herumlaufen und allen erzählen, wie Fortschrittlich sind? Wie demokratisch wir sind? Wir wir quasi überhaupt der Olymp der menschlichen Gesellschaft sind? Wenn man schaut, wie es bei uns eigentlich wirklich ausschaut, kommt man drauf, dass die ungeheure Machtkonzentration in Europa und die krasse ungleiche Verteilung von Chancen, von Informationen und Ressourcen mittlerweile nicht nur unsere Wirtschaft gefährden und unseren sozialen Zusammenhalt. Sondern auch direkt unsere Demokratie angreifen. In Europa verschwinden jedes Jahr tausend Milliarden Euro an Steuergeldern unserer Eliten. Und die sagen: „Wir sind die großen Schmarotzer. Irgendwelche Griechen sind große Schmarotzer?“ Und Regierungen scheuen keine Mühe, damit sie unsere E-Mails alle akribisch mitprotokollieren. Wenn es aber darum geht, dass vor unseren Küsten jeden Tag Menschen ertrinken, hat keiner eine Zeit, da einmal hinzuschauen?

Europa gewinnt den Friedensnobelpreis und feiert volle Sackgassenparty. Finden Sie das gut? Findet das irgendwer noch gut?

Bei der Europawahl werden Der Wandel, die KPÖ und die Piratenpartei in einer gemeinsamen Allianz antreten. Wir begreifen uns als Teil einer Bewegung, die schon lange angefangen hat und für ein „Anderes Europa“ eintritt. Wo Leute aufstehen und sich aufmachen um es auch anders zu gestalten. Ja, wir sind drei total unterschiedliche Parteien. Wir sind ein bunter Haufen. Und, dass ist auch das, was es ausmacht. Wir sind nicht mehr Teil dieser alten Hierarchie-Struktur und wir lassen uns auch nichts mehr sagen. Hier geht es um unsere Zukunft und da haben wir auch jedes Recht mitzureden. Und wenn man sich überlegt, was Zukunft ist, ist es sicherlich mehr als einfach die Fortschreibung einer alternativlosen Gegenwart. Wir freuen uns, dass wir heute hier sind. Wir wissen aber auch, dass wir – egal, wie viele Leute hier im Raum sind – nicht alleine sind. Da draußen sind noch viel mehr Menschen, die auch anders denken. Und mit denen werden wir uns jetzt gemeinsam auf den Weg machen.

„Die Massenarbeitslosigkeit in Europa breitet sich aus. Die Massenarmut wird immer unerträglicher“ – Didi Zach (KPÖ Wien)
Warum Wahlallianz? Es muss anders werden, damit es gut wird. Was wollen wir? Wir wollen ein Europa, wo Demokratie, Soziale Gerechtigkeit nicht nur am Papier stehen. Wir wollen ein Europa, wo Ökologie ein wichtiger Wert ist. Und ein Europa, das auf Frieden Wert legt. Jetzt kann man fragen, warum machen wir das. Wenn man sich den Ist-Zustand ansieht, dann ist dieser Erschreckend und Jämmerlich würde ich meinen. Die Massenarbeitslosigkeit in Europa breitet sich aus. Die Massenarmut wird immer uterträglicher. Verantwortlich dafür – ich glaube, wir brauchen nicht lange darüber reden – sind ein Herr Baroso, eine Frau Merkel, die EZB, der IWF. Und wir wollen das ändern. Und ich glaube, wir werden für diesen Änderungsversuch auch sehr viel Zustimmung ernten.

„Gründungskonvent am 1. März“ – Christopher Clay (Piratenpartei)
Ich darf einen kurzen Ausblick geben, was jetzt die nächsten Schritte für die Wahlallianz sind. Status Quo ist, dass alle drei Parteien Beschlüsse gefasst haben, dass sie diese Wahlallianz eingehen. Wir haben uns auf den Namen geeinigt, die Website geht heute online und die Social Media-Auftritte. Und jetzt gibt es drei nächste wichtige Schritte.

1. Programmprozess starten
Einerseits starten wir den Programmprozess. Die Eckpunkte des Programms sind klar. Und die konkreten Forderungen formulieren wir jetzt mit der Basis aller unserer drei Parteien sowie mit unabhängigen Menschen aus. Da gibt es Treffen in ganz Europa diesen Monat: Linz, Graz, Wien, Innsbruck, Bludenz, Klagenfurt sind schon geplant – weitere werden noch kommen. Und parallel gibt es Online einen kollaborativen, offenen Prozess, wo Leute unser Programm kommentieren und Änderungswünsche vorschlagen können. Außerdem suchen wir KandidatInnen und Kandidaten.

2. Unabhängige Kandidaten miteinbeziehen
Was uns ganz wichtig ist, dass es hier nicht nur um die drei beteiligten Parteien geht, sondern, dass Inhalte im Vordergrund stehen. Und, dass wir auch unabhängige Menschen einbeziehen wollen, die diese Inhalte vertreten. Und deswegen haben wir die allerersten beiden Plätze auf unserer Liste freigehalten für unabhängige Kandidaten. Es können auch Menschen kandidieren, die in keiner der drei Parteien sind und die außerhalb von Parteistrukturen aktiv sind. Das funktioniert so: Man kann sich auf unserer Website online anmelden in den nächsten Tagen und Wochen. Die KandidatInnen und Kandidaten müssen dann die Akzeptanz der drei involvierten Parteien erhalten. Und werden dann am 1. März bei unserem Gründungskonvent gemeinsam gereiht.

3. Gründungskonvent
Das bringt mich auch gleich zum dritten Punkt: Dieser Konvent am 1. März in Wien wird so ablaufen, dass am Vormittag alle Parteien ihre Mitgliederversammlungen abhalten, das Programm absegnen und jeweils ihren eigenen Teil ihrer Liste wählen. Denn ab Platz drei sind die Listenplätze verzahnt vergeben. Am Nachmittag kommen wir alle gemeinsam zusammen und wählen bzw. reihen die beiden SpitzenkandidatInnen und -kandidaten. Dabei gibt es auch Stimmrecht für Unabhängige, die sich dazu vorab auf der Website anmelden. Uns geht es wirklich darum, alle Leute miteinzubeziehen, die mit diesen Inhalten konform gehen, die sich als Teil dieser Bewegung verstehen, die das nicht mehr hinnehmen wollen, was uns alles als „alternativlos“ präsentiert wird. Und, am 1. März werden wir da gemeinsam unseren Wahlkampf beginnen.

Pressefragen

„Über Kommunismus“

Clemens Neuhold, Wiener Zeitung: Frage an beide, Piraten und KPÖ: Was nicht unproblematisch für viele und für potentielle Wähler ist, ist einfach das Wort „Kommunismus“. Ist das einerseits der erste Weg in dieser Allianz, dass man nicht mehr diesen Namen so im Vordergrund hat? Und, vielleicht auch an die Piraten gefragt – vorhin draußen habe ich eine große linke NGO getroffen und die Person hat nur so im vorbei gehen gesagt: „So lange der Kommunismus im Namen ist, wird das nichts“. Jetzt hängt man sich das auch ein bisserl um, weil man doch etwas gemeinsames mit der KPÖ macht.

Didi Zach (KPÖ): Für mich bedeutet Kommunismus „Eintreten für soziale und demokratische Grund- und Menschenrechte“. Dass in der Vergangenheit des Kommunismus auf diesen demokratischen Aspekt vergessen worden ist, ist unbestreitbar. Ich denke, wir hier in Österreich haben aus unserer Geschichte gelernt. Es geht jetzt nicht um Verstecken und über Namen verstecken irgendetwas zu erreichen. Sondern es geht um das Eintreten von Zielen: Gleiche Rechte für alle Menschen, die in Österreich leben. Eine Umweltpolitik, die nicht pseudo ist. Soziale Gerechtigkeit. In Österreich leben 1,3 oder 1,4 Mio. Menschen an oder unter der Armutsgrenze. Und wenn es da Partner gibt, wie es da in der Wahlallianz es ganz offensichtlich der Fall ist, die das sehr ähnlich sehen und die gleiche Vision und die gleiche Zielstellung haben, dann sind wir da gerne bereit zu kooperieren und uns gemeinsam für diese Ziele auf die Schiene zu werfen.

Christopher Clay (Piratenpartei): Den Kommunismus tragen wir eben nicht im Namen. Wären wir Kommunisten, wären wir schon beider KPÖ und bräuchten kein Wahlbündnis. Wir sind aber Piraten und behalten unsere Eigenständigkeit bei. Das ist mir ganz wichtig. Es wird hier auch keine Fusion angestrebt. Es handelt sich um eine Wahlallianz, bei der eben die Inhalte im Vordergrund stehen. Und diese Inhalte werden von Personen vertreten, die unabhängig sind, die glaubwürdig und authentisch sein werden. Und die Frage nach Vorurteilen über den Namen der KPÖ oder die historischen Vorbelastungen stellt sich da einfach gar nicht.

Daniela Platsch (Der Wandel): Ich weiß jetzt gar nicht, was ich sagen soll. Ich glaube, wenn sich die KPÖ nicht schon ur-lange mit ihrer Vergangenheit beschäftigt hätte und nicht da wäre, wo sie heute ist, würden wir heute auch nicht in dem Raum sitzen. Dadurch, dass wir jetzt – zwei sehr junge Parteien – das Bedürfnis haben, etwas mit der KPÖ zu machen, ist es eh schon beantwortet.

Spitzenkandidaten

?: Haben Sie irgendwelche bestimmten Kandidaten im Auge für die Spitzenkandidaten oder gibt es da jemanden, den sie sich alle vorstellen können?

Christopher Clay (Piratenpartei): Die Kandidaten und Kandidatinnen werden beim Gründungskonvent von allen Mitgliedern und Unabhängigen gewählt. Und ich glaube, es wäre nicht fair, da vorzugreifen. Es gibt natürlich schon Personen, die öffentliche, teilweise privat Interesse signalisiert haben. Aber, ich glaube, man muss es denen überlassen, deren Kandidatur selbst anzukündigen. Tut mir leid.

Fayad Mulla (Der Wandel): Und wir wollen auch das Pressegespräch nutzen, um unseren Aufruf nach außen zu tragen: „Man kann jetzt noch kandidieren für den ersten und den zweiten Listenplatz.“ Also, wir freuen uns, wenn ihr alle darüber schreibt und berichtet, dass man jetzt mitmachen, kandidieren und mitbestimmen kann.

Christopher Clay (Piratenpartei): Stimmt, es ist alles explizit offen.

Über die Listenwahl und Listenzusammenstellung

Dieter Zirnig, neuwal.com: Wie definiert ihr das „Offen“. Wie können sich die Kandidaten melden, wie kommt es zur Listenerstellung. Gibt es eine Vorwahl?

Christopher Clay (Piratenpartei): Die Vorwahl besteht darin, dass eben alle drei Parteien die Akzeptanz erteilen müssen. Das heißt, die Kandidatinnen und Kandidaten müssen sich bei den Parteien auch vorstellen. Kandidieren kann grunsätzlich jede und jeder, die unseren Grundwerten zustimmen und Zielen, die wir heute umrissen haben, auch zustimmen. Dafür gibt es auf der Website noch weitere Informationen und ein Formular. Was wir nicht machen ist eine Online-Vorwahl. Weil die Piraten auch meinen, dass Personenwahlen Online auf eine sichere Art und Weise nicht durchführbar sind. Das heißt, es wird eine ganz klassische, geheime Urnenwahl auf Papier werden.

Fayad Mulla (Der Wandel): Bis zum 15. Feb. 2014 kann man sich für die Kandidatenplätze Nummer 1 und 2 bewerben. Bis zum 20. gilt das passive Stimmrecht. Und am Gründungskonvent selber, wie der Christopher schon vorher gesagt, gibt es die Akzeptanzwahl der einzelnen Parteien. Von allen Mitgliedern der drei Parteien inkl. den Unabhängigen, die eben auch mitstimmen dürfen. Dann wird eine Reihungswahl der ersten beiden Listenplätze gemacht.

Daniela Platsch (Der Wandel): Natürlich haben wir auch WunschkandidatInnen. Das sind alle Menschen, die sich nicht dafür schämen, dass sie eine andere Meinung haben, als uns in den Mainstream-Medien erzählt wird, welche Meinung wir haben sollen. Leute, die sich gerne dafür einsetzen, für was sie tun und auch dazu stehen können.

Finanzierung, Wählerstimmen, Marketing

Clemens Neuhold, Wiener Zeitung: Ihr braucht ca. 160.000 Stimmen, um ins EU-Parlament zu kommen. Wie werdet ihr die Werbetrommel rühren und mit welchem Geld?

Daniela Platsch (Der Wandel): Mit welchem Geld, das ist die gute Frage. Das wäre jetzt auch ein zweiter Aufruf. Wir brauchen auf alle Fälle Leute, die das mittragen. Ich meine, wir sind jetzt nicht Team Europa – wir haben wenig Budget. Ganz klar. die einzelnen Parteien leisten – je nachdem wie sehr sie das können – einen Beitrag. Wir haben ein paar SpenderInnen, die schon etwas zugesagt haben. Aber natürlich geht es darum, dass diese Idee, die wir haben, nach außen getragen wird. Und dafür brauchen wir mehr Geld. Wir wollen aber nicht den Wahlkampf führen, der auf Millionen aufgebaut ist. Was wir wollen ist, dass Leute, die auch die gleiche Vision stehen wie wir, sagen: „Ja, ich zahle euch 10 Euro mit.“ Wenn wir genügend Leute sind, die das machen, dann geht sich das auch aus. Ich glaube nicht, dass unser Wahlkampf darauf basieren wird, dass wir ganz Österreich zuplakatieren. Es wird eher darauf basieren, dass wir unkonventionell sein werden wie wir sind.

Didi Zach (KPÖ): Ich bin voll bei der Dani. Ich weiß nicht, ob die Frage so in Richtung abzielt, ob sich die KPÖ da eingekauft hat. Also, erstens: Die KPÖ ist ja seit der Enteignung durch den deutschen Staat 2004 eine recht arme Partei. Zweitens: Wir haben 2009 in den Europawahlkampf ungefähr 10.000 Euro investiert. Und diese Summe wird es auch 2014 sein, die wir der Allianz zur Verfügung stellen können.

Der Wandel: Grundsätzlich sind alle Einnahmen und Ausgaben transparent auf der Website zu finden. Ab 500 Euro Jahresspende auf jeden Fall mit dem Namen, weil uns Transparenz wichtig ist und klar ersichtlich sein muss, wo das Geld auch herkommt, für das, was wir machen.

Daniela Platsch (Der Wandel): Zur Frage, wie wir noch 60.000 Stimmen dazu gewinnen können. Ich glaube, wenn man in Österreich eine Umfrage machen würde, ob wir in einem sozialeren, faireren und freieren Europa leben wollen, hätten wir sofort die absolute Mehrheit. Es geht nicht darum, dass wir jetzt behaupten, dass wir das Rad neu erfunden hätten oder wissen, was wichtig ist. Ich glaube, es geht darum: Vergessen wir mal die alten Strukturen und machen uns auf einen neuen Weg. Und jeder, der da mitmachen möchte, kann uns seine Stimme geben.

Europäische Partei und Fraktion

Dieter Zirnig, neuwal.com: Welche Partner habt ihr auf europäischer Ebene. Wie sieht die mögliche Fraktion aus? Gibt es ähnliche Parteien oder Gruppierungen in anderen europäischen Ländern?

Christopher Clay (Piratenpartei): Zwei von den Bündnispartnern haben natürlich Parteienfamilien auf europäischer Ebene. Die European Left bei der KPÖ und die Europäischen Piratenpartei bei uns. Die Frage der Fraktion ist noch nicht endgültig geklärt, da es eben auch aus Piratensicht es noch sehr offen ist, wie es nach der Europawahl aussieht – wie viele PirateInnen und Piraten dann auch wirklich im Parlament sitzen werden. Momentan sind die Piraten-Abgeordneten ja bei anderen Fraktionen untergekommen, weil sie selber noch nicht Fraktionsstärke erreicht haben. Aber die Verhandlung darüber, in welcher Fraktion sie sind, müsste nach der Wahl von vorne geführt werden. Da werden sich auch die Kräfteverhältnisse im europäischen Parlament generell verschieben. Daher kann man das zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend sagen. Natürlich werden wir uns mit der European Left mit der wir sehr eng in Verbindung stehen und mit der Europäischen Piratenpartei koordinieren bei dieser Entscheidung.

Didi Zach (KPÖ): Ich stimme dem voll und ganz zu.

Fayad Mulla (Der Wandel): Und Der Wandel ist sowieso überall, weil der Wandel passiert im Kopf. Wir brauchen keine Fraktion irgendwo. Wir sind der Wandel.

Christopher Clay (Piratenpartei): Wir hörten ja auch von ähnlichen Wahlbündnissen in Nachbarstaaten.

Fayad Mulla (Der Wandel): In anderen europ. Ländern gibt es auch gerade Wahlbündnisse, zb in Slowenien ist gerade eine Allianz im entstehen.

Unterschiede zu anderen Parteien

Clemens Neuhold (Wiener Zeitung): Obwohl ihr jetzt Forderungskataloge erstellt: Könnt ihr schon zwei drei Sachen sagen um ein Gefühl zu bekommen, was das ist. Mehr als sozial und ökologisch? Das wird sich vermutlich jede Partei auf die Fahnen heften. Aber, was macht euch aus, was unterscheidet euch von anderen Parteien?

Daniela Platsch (Der Wandel): Also prinzipiell: Wenn man sich unsere Wahlprogramme anschaut, die wir bisher hatten, gibt es ja sehr große Überschneidungen. Wir möchten fünf große Kernthemen machen, wo wir uns überlegen wollen, wo es eigentlich führen soll. Welche Form von Demokratie wollen wir eigentlich, dass wir sie noch Demokratie nennen können in Europa. Frage eins. Es geht sehr viel darum, dass wir in Europa uns irgendwann mal eingestehen müssen, dass wir nicht mehr genügend Arbeit haben für alle. Und gerade die, die geringe qualifizierte Arbeit machen, fallen einfach nach und nach aus dem System, ohne, dass wir uns noch irgiendwie noch um diese Leute kümmern. Wohin gegen wir eben Banken retten. Die Frage: Welche Form von Wohlstand können wir für alle noch erreichen, ohne dass wir uns gegenseitig ausbeuten können? Ausbeuten müssen und unsere Umwelt zerstören ist natürlich eine Frage von Wirtschaft und natürlich auch von der Zukunft der Arbeit. Es geht sehr stark auch um Friedenspolitik: Was ist Europa’s Rolle in der Welt? Wir laufen überall mit der Moralkeule herum. Kann Europa da eigentlich eine gemeinsame Stimme haben oder fallen wir da immer wieder zurück in nationalistische Ideen, wo wir eigentlich dann lieber doch mal wohin Waffen verkaufen? Es sind große Fragen, die wir haben. Wir haben auch nicht den Anspruch, dass wir die Antworten geben. Es geht einfach darum, dass die Diskurse darüber gar nicht mehr geführt werden. Und, dass wir eine bunte Mischung sind von unglaublich verschiedenen Blickwinkeln auf die gleiche Sache.

Wenn uns jemand privat daheim filmen würde, was wir tun, wären wir alle dagegen. Aber im Internet ist es uns allen egal? Ich glaube, es ist uns noch egaler, wenn wir begriffen haben, wie arg die Überwachung eigentlich ist unter der wir stehen.

Christopher Clay (Piratenpartei): Ich würde es noch versuchen zusammen zu fassen, als das was uns eint: wir sind systemkritisch, wir sind progressiv, wir sind egalitär. Und, dass wir eben stärker als die momentan im Europäischen Parlament vertretenen Parteien das hinterfragen, was uns als alternativlos präsentiert wird. Aber dennoch pro-europäische Integration sind, für ein grenzenloses Europa sind aber sehr scharfe Kritik an den Missständen üben, die wir jetzt sehen. Ich glaube, das ist auch ein großer Unterschied zu den anderen Parteien, die antreten.

Privatisierung und 30-Stunden-Woche

Clemens Neuhold, Wiener Zeitung: Im KPÖ-Programm gibt es die 30 Stunden-Woche und das Zurücknehmen von Privatisierungen. Ist das auch etwas, das konsens findet?

Didi Zach (KPÖ): Über eine Neuverteilung der Arbeit muss man nachdenken. Und da werden wir auf einen guten konsens auch kommen. Was die Privatisierungen betrifft: Auch da bin ich optimistisch, dass wir zu etwas guten kommen. Ich habe es mir in der Einleitung erspart: Eigentlich ist die Situation, in der wir uns befinden, furchtbar skuril: Massenarmut, Massenarbeitslosigkeit, NSA und so weiter und so fort. Und verantwortlich – meiner Wahrnehmung nach – war dieses neoliberale Credo, Dogma: „Die Märkte können sich eh selbst regulieren und die Börsen auch und überhaupt und außerdem…“. Dann ist 2008 der Karren eigentlich fast an die Wand gefahren. Aber was ist das Resultat? Das Dogma ist noch immer da und präsenter als zuvor. Und Herr Baroso und Frau Merkel tun so weiter, als ob nichts geschehen wäre. Der Bock ist noch immer der Gärtner und agiert in einer Art und Weise, was in Griechenland und in anderen europäischen Ländern furchtbare Folgen hat. Und auch in Österreich war es so, dass selbst die Grünen dem ESM zugestimmt haben. Und, dass die Sozialdemokratie nun auch die Sparbremse sich verpflichtet hat. Und jeder Ökonom, der nicht diesem neoliberalen Dogma folgt, wird eigentlich sagen: „Absurd und kontraproduktiv.“ Weil das heißt, dass die Inlandsnachfrage geschwächt wird und die Inlandsnachfrage geschwächt wird und die Volkswirtschaft ins trudeln kommt – und zwar nach unten. Es gibt Alternativen, diese und jene Ideen hätten wir, wie das aussehen könnte. Macht mit, wählt uns, seid mit uns gemeinsam aktiv.

Schwerpunktthemen bei den jeweiligen Parteien?

Dieter Zirnig, neuwal.com: Gibt es Schwerpunktthemen, die jede Partei für sich selbst übernimmt und damit im Wahkampf für sich rausgeht?

Christopher Clay (Piratenpartei): Wir werden die Themen nicht konkret auf Parteien aufteilen. Es geht uns darum, im Wahlkampf unsere gemeinsame Marke in den Vordergrund zu stellen. Natürlich wird jede Partei auch die eigene Basis im eigenen Umfeld auch in einer eigenen Sprache sprechen. Aber im Wahlkampf treten wir gemeinsam auf.

Wie steht ihr am Wahlzettel? Was ist eure Farbe?

Dieter Zirnig, neuwal.com: Wir lautet euer Wahlkampfkürzel? Ist das EUROPA, ist das ANDERS und gibt es eine Farbe dazu?

Christopher Clay (Piratenpartei): Es sind sieben Zeichen, die bei der Europawahl interessanterweise frei stehen. „ANDERS“ ist unser Kürzel. Wir mögen die Kombination dieser drei Fargen. Sind uns aber bewußt, dass ein Balken normalerweise nur eine hat. Und haben deshalb dieses dunkle Gelb als gemeinsame Farbe auserkoren.


Fotos (CC) Dieter Zirnig, flickr.com

Weitere Artikel zum Thema „EUROPA ANDERS“ auf neuwal.com

Livestream