Die KPÖ gilt als eine der ältesten kommunistischen Parteien der Welt. Sie wurde 1918 gegründet und war von 1945 bis 1959 im Nationalrat. Im neuwal Sommergespräch 2012 treffen wir Mirko Messner, den Bundessprecher der KPÖ. „Die Linke ist ein gesellschaftlicher Faktor geworden“, so Mirko Messner und zeigt auf, dass es in Österreich ein linkes Milieu gibt, das viel größer ist als die KPÖ. Die Wahlergebnisse der letzten 10 Jahre sprechen jedoch für sich: Die KPÖ bewegt sich bei nationalen oder regionalen Wahlen in Österreich knapp über oder unter der 1-%-Marke. Bis auf die Steiermark, wo es 2003 in Graz mit 20 % und 2008 mit 11 % zweistellig wurde. „Die KPÖ hat mit 80 % den höchsten Wechselwähleranteil. Wir gewinnen neue Wähler, verlieren aber unsere alten“, so Messner. Es gilt, das Argument der verlorenen Stimme und der Mandatshürde, die bei 4 % liegt.

„Wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, den Jugendlichen Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, dann hat sie für das Überleben dieses Teils der Bevölkerung aufzukommen“, so Mirko Messner im neuwal Sommergespräch mit Stefan Egger.


» Was sind die neuwal Sommergespräche 2012?



Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) wurde 1918 gegründet und ist eine der ältesten kommunistischen Parteien der Welt. Sie war von 1945 bis 1959 im Nationalrat und bis 1970 in mehreren Landtagen vertreten. 2005 gelang der KPÖ mit vier Sitzen der Wiedereinzug in den Landtag der Steiermark. Die KPÖ ist Teil der Europäischen Linkspartei.

Facts

  • Die KPÖ ist eine der ältesten kommunistischen Parteien der Welt
  • Der antifaschistischer Konsens ist im Kalten Krieg abgelöst worden durch den antikommunistischen Konsens.
  • Wir denken, dass Österreich im Grunde eine neue Konzeption braucht.
  • Sozialisierung der Verluste und Privatisierung der Gewinne, so etwas geht nicht!
  • Banken gehören nicht nur verstaatlicht, sondern vergesellschaftet – nicht jene, die marode sind, sondern alle!
  • Das ASVG ist eine Errungenschaft, gehört geschützt, gehört gestärkt.
  • Wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, den Jugendlichen Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, dann hat sie für das Überleben dieses Teils der Bevölkerung aufzukommen.
  • Mindestpension für alle, die ein bestimmtes Alter erreicht haben.
  • Mein Antrieb war ja dieses Entgegenhalten dem Nationalismus, diese Ablehnung rassistischer und nationalistischer Zumutungen.
  • Der KPÖ-Beitritt war ein Herzensbedürfnis, ein intellektuelles Bedürfnis und ein politisches Bedürfnis!
  • Die KPÖ ist die Partei mit dem höchsten Wechselwählerstimmenanteil: 80 Prozent!
  • Das Argument der verlorenen Stimme wirkt.
  • Weg mit der Grundmandatshürde! In Wien läuft ja das Gegenteil ab, da soll sie erhöht werden.
  • Griechenland, Frankreich waren die größten Erfolge, ein kontinuierlicher Erfolg ist das in Deutschland.
  • Die Linke ist ein gesellschaftlicher Faktor geworden, beeinflusst die ganze Politik in Deutschland – alle haben plötzlich nur noch von sozialen Programmen geredet.
  • Wir haben ein linkes Milieu in Österreich, das viel größer ist als die KPÖ.
  • Es gibt als einzige links organisierte Kraft in Österreich die KPÖ.
  • Der freie Zugang zur Bildung ist ein ganz wesentliches Menschenrecht.
  • Es kann nicht gutgehen, dass Menschen einfach von Bildungswegen abgehalten werden, indem gefragt wird, hast du genug Geld? Das ist irre, einfach irre!
  • Die Arbeitslose darf nicht unter die Armutsgrenze gesenkt werden.
  • Der Energieverbrauch muss weltweit gesenkt werden.
  • Was nötig ist: Es muss sofort aufgehört werden, die Banken zu füttern!
  • Das ist eine Vollkaskoversicherung für die Bank- und Geldleute, die ohne Risiko arbeiten können, das heißt in Wirklichkeit spekulieren, und Banken ins Nichts führen.
  • Dieses System ist ein irrationales, das nur eine Devise kennt: Die Reichen reicher, die Armen ärmer zu machen!
  • Heute leben wir von den Spenden, Kommunistinnen und Kommunisten sind sehr spendenfreudig.
  • Unser Budget ist extrem niedrig, das kann ich sagen.
  • Bei den letzten Wahlen haben wir etwas über 100.000 Euro Wahlbudget gehabt.Plakate drucken, Postversand, ein paar Flugschriften, und das Geld ist weg.
  • Wir müssten Sachen einleiten, die in Richtung Umverteilung der gesellschaftlich geschaffenen Werte gehen.


neuwal: Während im ORF die Sommergespräche mit den im Parlament vertretenen Parteien laufen, laden wir von neuwal.com jene Kleinparteien in die ichmachpolitik-Studios, die es genau dorthin schaffen wollen. Der Sommer 2012 steht im Zeichen der politischen Veränderungen. In unseren Sommergesprächen diskutieren wir mit Vertretern der Parteien und Initiativen, die es noch nicht in den Nationalrat geschafft haben, was ihre Idee für die Zukunft Österreichs ist. Heute bei uns zu Gast im Studio: Herr Mirko Messner von der KPÖ, herzlich willkommen.

Mirko Messner (KPÖ): Guten Abend.

Danke fürs Dabeisein, wir möchten heute gemeinsam auf folgende Fragen fokussieren: Neue Ideen und politische Veränderungen, einen Fahrplan zur Nationalratswahl und sonstigen geplanten Wahlen in Österreich, und die Themen und Vorstellungen, mit denen Sie politisch mitgestalten möchten. Wir starten mit einer Kurzvorstellung: Was ist denn die KPÖ genau? Und ist sie eigentlich noch zeitgemäß?

Naja, dass sie zeitgemäß ist, sieht man daran, dass ich da bin. Die KPÖ ist eine der ältesten kommunistischen Parteien der Welt, nach dem Ersten Weltkrieg gegründet zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, des Kampfes gegen die Nationalsozialisten die wichtigste politische Kraft in Österreich, die den Widerstand organisiert hat. Nach dem Krieg kurze Zeit im Parlament. Daraufhin aus dem Nationalrat ausgeschieden, aus verschiedenen Gründen. Jetzt sind wir da und bereiten die Wahlen vor.

Jetzt sind Sie da, eine der ältesten politischen Parteien. Die Wahlergebnisse sind meistens so bei einem Prozent oder darunter, mit einer Ausnahme, die Kommunalwahlen in Graz, wo Herr Kaltenegger sehr gute Ergebnisse erzielt hat. Woran liegt es Ihrer Meinung nach?

Das ist eine lange Geschichte. Die wichtigste Gegebenheit, die dazu geführt hat, ist die politische Kultur in Österreich nach 1945. Ich habe erst vor kurzem einen Artikel in den Salzburger Nachrichten gelesen, den Autor leider vergessen, ein ausgezeichneter Text, der völlig richtig darauf hingewiesen hat, dass der Antikommunismus in Österreich ein fixer Bestandteil der politische Kultur geworden ist. Nach 1945 hat es einen ganz kurzen Zeitraum gegeben, wo es so etwas wie zumindest so etwas wie ein formeller antifaschistischer Konsens geherrscht hat. Der ist im Kalten Krieg abgelöst worden durch den antikommunistischen Konsens, der ist ganz tief vorgedrungen bis in die Poren der Gesellschaft. Bis in die 50er Jahre hat jemand, der in der kommunistischen Partei war, gar keine Chance gehabt auf einen Job. Und dann ist es eine Selbstverständlichkeit geworden, sich auch die besten Ideen anzuhören, die es gegeben hat im politischen Diskurs, aber sobald es dann geheißen hat, das kommt von der KPÖ war das nicht mehr diskutabel in dem Moment.

Was wären denn diese politischen Ideen der KPÖ für heute, mit denen Sie für Veränderung sorgen möchten, wenn es diesen Grundkonsens nicht gäbe? Was hebt sie da ab von anderen Parteien, was unterscheidet sie?

Ganz entschieden viel und Grundsätzliches. Wir denken, dass Österreich im Grunde eine neue Konzeption braucht. Wir haben in Österreich so eine ökonomische, soziale, politische und kulturelle Situation, die grundlegend geändert gehört. Diese Anbindung zum Beispiel an Deutschland innerhalb der EU, die Exportorientiertheit dieses Staates hebt uns im Grunde raus – derzeit noch! – aus diesem Krisengeflecht – anscheinend! Aber das wird sich nicht lange halten. Man kann nachlesen auch bei seriösen bürgerlichen Wissenschaftlern, die davon ausgehen, dass dieser Sonderstatus sich im Grunde sich auflösen wird, weil es ja nicht geht, wenn jemand Exportüberschüsse hat, hat jemand auf der anderen Seite Importüberschüsse. Wenn auf dem Importüberschussteil sich Staaten befinden, die in die Krise geraten, dann wird auch der exportüberschüssige Staat in Krise geraten. Wir haben dann noch ein unglaubliches Engagement, einen unheimlichen Drang der österreichischen Banken, im Osten Geschäfte zu machen. Das sind hunderte Milliarden, die da drinnen liegen – und die gefährdet sind! Folge: Früher oder später, wenn das zusammenkracht oder zurückgeht, wird wiederum das nach der Politik der jetzigen Regierungsparteien und sämtlicher Parlamentsparteien inklusive Grünen, wird wiederum die Lösung heißen: Öffentliche Mittel zur Rettung von Banken, die unbedingt gerettet werden müssen, weil sie ja so furchtbar groß sind. Öffentliche Mittel das heißt: Sozialisierung der Verluste und Privatisierung der Gewinne. Sowas geht nicht! Da ist zum Beispiel unsere Vorstellung, die Banken gehören nicht nur verstaatlicht, sondern vergesellschaftet. Und nicht jene Banken, die marode sind, nicht jene, die gerade zusammenkrachen oder ins Kriminelle abrutschen, sondern alle privaten Banken.

Was gehört denn noch dazu zum politischen Wandel, zu einem Kurswechsel? Was braucht man noch?

Wir müssen uns fragen: Der österreichische Sozialstaat ist ja aufgrund der besonderen Geschichte nach 1945 als Schaufenster gegenüber dem Osten usw. mit einem unfassbar dichten Netz aufgebaut werden. Das ist ja gut! Ein älteres Ergebnis dessen ist auch das ASVG, das alle sozialen Gesichtspunkte in Österreich regelt, von der Pension bis zur Arbeitslosen und so weiter und so fort. Dieses ASVG ist eine Errungenschaft, gehört geschützt, gehört gestärkt. Es hat aber auch gewisse Defizite, um es einfach zu sagen. Es ist aufgebaut auf dem Modell des männlichen Alleinverdieners. Das heißt, es geht von d er klassischen Kleinfamilie aus, Papa geht arbeiten, Mama macht zuhause Küche und Kinder, ist mitversichert usw. Das hat sich aber alles geändert. Erstens wollen Frauen Arbeit haben und wollen selbstbestimmt leben und eine eigenständige Arbeit, Einkommen ist eine Grundlage für Selbstbestimmung, zweitens sind alle Leistungen im ASVG gebunden an die Erwerbstätigkeit. Von dem neoliberalen System her betrachtet in Wirklichkeit kein Zukunftssystem mehr. Wenn man das neoliberale System in die Zukunft transportiert, heißt das, dass es immer einen Teil der Bevölkerung gibt, der keine regelmäßige Erwerbstätigkeit haben wird. Davon sind vor allem Jugendliche betroffen. Wir haben in Österreich 8 oder 9 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. In Wirklichkeit sind es mehr, weil sie auch als Arbeitslose, so sie überhaupt jemals gearbeitet haben, in diversen Kursen und Seminaren von AMS sitzen und dann nicht als Arbeitslose oder Erwerbslose gezählt werden. Wir haben anderswo Jugendarbeitslosigkeit, die gigantisch ist – ich will gar nicht von Griechenland sprechen, Spanien, Portugal?

Was tut man da dagegen? Gibt es konkrete politische Projekte der KPÖ in diesem Bereich?

Was spricht dagegen, dass das ASVG genau in diesem Punkt geändert wird, reformiert wird, weiterentwickelt wird? Indem Elemente der solidarischen Gesellschaft dazugenommen werden, die nicht an die Erwerbstätigkeit gebunden sind? Jeder Jugendliche, der Bildung fertig macht, der die Schule fertig macht, die Lehre fertig macht und ein gewisses Alter erreicht hat, kann zum AMS gehen, und sich arbeitslos melden – auch wenn er bis jetzt nicht gearbeitet hat, weil er keine Arbeit gefunden hat. Wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, den Jugendlichen Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, dann hat sie für das Überleben dieses Teils der Bevölkerung aufzukommen. Jeder Jugendliche ab einem bestimmten Alter und Schulabschluss hat ein Recht auf die Arbeitslose. Das wäre eine Weiterentwicklung, so wie die Mindestpension für alle, die ein bestimmtes Alter erreicht haben.

Auf die Themen kommen wir später noch! Herr Messner, weil bis jetzt relativ wenige Leute auch von unseren Zusehern wissen, wer Sie sind und wie Sie in die Politik gekommen sind, möchten wir mit Ihnen über Ihre persönlichen Meilensteine sprechen. Vielleicht können Sie uns kurz in Stichworten die fünf wichtigsten Stationen in Ihrem persönlichen und politischen Leben nennen.

Zuerst einmal, dass ich ins Bundesgymnasium für Slowenen gegangen bin in Kärnten. Dort habe ich mittelbar und unmittelbar das kennengelernt, was Nationalismus ist. Als Schülerinnen und Schüler waren wir dort häufig extern, außerhalb der Schule, verwickelt in nationalistische Streitereien usw., haben das mitbekommen, was sich da abspielt. Ich bin dann persönlich in den Verband sozialistischer Mittelschüler eingetreten, das war ganz wichtig, die Schülerorganisation der Sozialdemokraten in Kärnten. Dort haben wir zum 10. Oktober, das ist schon die dritte Station, das ist so ein Kärntner Heiligen-Nationalfeiertag, ein nationalistischer Feiertag, protestiert gegen diesen Nationalismus. Das war irgendwie der Anlass dazu, dass die Sozialdemokratie begonnen hat, uns zu kanifeln und später rauszuhauen und sich vom Verband sozialistischer Mittelschüler zu distanzieren. Als Verband waren wir dann nicht mehr in der Sozialdemokratie drinnen, haben unsere eigenen Zirkel gegründet. Ich bin dann persönlich in Wien als Student dem Club finnischer Studenten und Studentinnen beigetreten, war dort politisch aktiv, dann dem kommunistischen Studentenverband, ebenfalls ein Meilenstein. In dem Zusammenhang bin ich dann langsam in die KPÖ hineingewachsen, das war die politische Karriere.

Was hat Sie motiviert bis jetzt politisch aktiv zu sein?

Naja, der Antrieb war ja dieses Entgegenhalten dem Nationalismus, diese Ablehnung rassistischer und nationalistischer Zumutungen. Wie wir dann seinerzeit – ich war mit dabei bei den Jugendlichen, die in Kärnten in den 70er-Jahren die Aufschriften zweisprachig gemacht haben, das hat einen riesigen Aufschrei gegeben in der Kärntner Presse, die haben sich nicht entblödet, von Gewalt zu sprechen. Wobei wir in Wirklichkeit nichts anderes getan haben, als den Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages, den das Land Kärnten und die Republik Österreich nicht erfüllen wollten, nämlich den Auftrag, die zweisprachigen Aufschriften hinzustellen, darauf haben wir hingewiesen. Die einzige Zeitung, die genau das festgehalten hat, die geschrieben hat, was regt ihr euch auf, Kollegen – das sind die einzig Verfassungstreuen, diese Burschen und Mädels, die das gemacht haben, das war die Volksstimme. Damals noch eine Tageszeitung. Damals ist die KPÖ ins Blickfeld gerückt. Das war nicht irgendwo aus den Fingern gesogen, jetzt gehen wir zur KPÖ, weil es so lustig ist, sondern das war ein Herzensbedürfnis, ein intellektuelles Bedürfnis und ein politisches Bedürfnis.

Die KPÖ schafft es bei jeder Wahl, die Unterstützungserklärungen zu sammeln – quasi mit links – und immer wieder zu Wahlen anzutreten, aber die Mandatsgrenze wird nie erreicht, außer das Lokalphänomen in Graz. Worauf führen Sie das zurück?

Da gibt es eine einfache Antwort darauf. Wir haben eine interne Untersuchung gemacht von einem Meinungsforschungsinstitut. Die KPÖ ist die Partei mit dem höchsten Wechselwählerstimmenanteil: 80 Prozent Wechselwähler! Wir kriegen bei allen Nationalratswahlen neue Wählerschichten dazu, aber alte verlieren. Warum? Weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass obwohl sie die KPÖ gewählt haben und glauben, dass viele ihresgleichen das auch tun, die Vier-Prozent-Hürde nicht erreicht wird. Das tritt dann nicht ein, weil wir die vom letzten Mal verloren haben, die die Erfahrung gemacht haben, dass wir nur 1 Prozent bekommen. Das Argument der verlorenen Stimme wirkt. Man wählt das kleinere Übel, aber das ist mittlerweile auch schon so eine Sache – das ist unter den Parteien schon ein bisschen schwierig geworden.

Wie kommt man raus aus diesem Teufelskreis?

Indem man auf zwei Ebenen arbeitet. Man muss erstens mehr Stimmen bekommen, und man muss zweitens schauen, dass man eventuell die Forderung und den Druck in die Richtung verstärkt: Weg mit der Grundmandatshürde. In Wien läuft ja das Gegenteil ab, da soll sie erhöht werden.

Wie ist denn die KPÖ strukturiert, gibt es da Spitzenkandidaten, Länderorgansiationen international?

Natürlich. Wir haben überall in allen Bundesländern Organisationen mit Landesleitungen, einen Bundesvorstand und einen Bundesausschuss, der die Geschäfte zwischen den Sitzungen erledigt. Wir haben Vorsitzende bzw. Sprecher. Im Moment bin das ich, bis vor kurzem waren wir noch zu Zweit mit Melinda Klaus, die musste das aus beruflichen Gründen zurücklegen. Das wird sich wieder ändern. Wir haben eine internationale Kooperation, sind ein Gründungsmitglied der Europäischen Linken, die auch im Europäischen Parlament auch vertreten ist. Wir haben internationale Kooperationen, von Griechenland bis Deutschland, Frankreich und so weiter.

Eine gemeinsame Linke macht auf jeden Fall Sinn in Ihren Augen?

Absolut, absolut.

Wo gibt’s denn da die größten Erfolge?

Die waren ja alle fest im Gespräch: Griechenland, Frankreich waren einmal die größten Erfolge, ein kontinuierlicher Erfolg ist das in Deutschland, wo auch aller inneren Querelen zum Trotz die Linke ein gesellschaftlicher Faktor geworden ist, nicht nur in dem Sinne, dass sie bestimmte Forderungen durchsetzt, sondern dass sie alleine durch ihre starke Existenz die ganze Politik in Deutschland beeinflusst. Als die Linke in Deutschland aufgetaucht ist als massive, als wahrnehmbare Kraft, haben plötzlich nur noch alle von ihren sozialen Programmen geredet, CSU und CDU waren ganz sozial, die Sozialdemokraten sowieso. Die haben nach dem Copy-Paste-Prinzip gearbeitet, die haben sich das Programm der Linken hergenommen, kopiert, in das eigene Programm hineingeschoben, ein bisschen modifiziert – und schon waren sie die Sozialen!

Wer wären denn in Österreich geeignete Kooperationspartner im Parlament? Gibt’s da Parteien, die Sie unterstützten würden, irgendwelche Kooperationen und Allianzen?

Von Parteien kann man da jetzt nicht reden. Das Problem in der österreichischen Linken ist dieses: Wir haben ein linkes Milieu in Österreich, das viel größer ist als die KPÖ. Wir sind ja nicht verschroben und denken, wir sind die Einzigen. Aber das Problem in Österreich ist, dass außer der KPÖ es keine linke Kraft im ganzen Bundesgebiet gibt, die fähig wäre z.B. so wie wir bei Wahlen, im ganzen Bundesgebiet aufzutreten. Es gibt eigentlich eine relevante linke Organisation, so sehe ich das. Ich zähle die Sozialdemokratie mit ihrer Politik nicht zu den Linken. Es gibt linke Menschen in der Sozialdemokratie, es gibt aufrechte Sozialdemokraten, die bedauern, dass die Partei in die Richtung geht, die es aber nicht zuwege bringen, sich von ihr zu trennen. Es gibt Linke in den Gewerkschaften, bei den Grünen, im katholischen Bereich – und es gibt als einzige links organisierte Kraft in Österreich die KPÖ.

Die KPÖ als einzige linke Kraft, da würde mich interessieren, was die Positionen zu verschiedenen aktuellen Themen sind. Zum Beispiel Bildungspolitik und Studiengebühren?

Dass wir gegen die Studiengebühren sind, das ergibt sich aus der Natur unserer Partei. Der freie Zugang zur Bildung ist ein ganz wesentliches Menschenrecht. Es ist vermessen, sich einzubilden, dass das auf die Dauer gut gehen kann, dass Menschen einfach von Bildungswegen abgehalten werden, indem gefragt wird, hast du genug Geld? Das ist irre, einfach irre? Man sieht das ja, was die Folgen sind in anderen Ländern, wo du ein geteiltes Bildungssystem hast. Das öffentliche wird ausgehungert, dort geht die Masse hin, lernt dort nichts – ich habe das Bild in den USA aus den Erzählungen von Leuten, die dort Schüler und Studenten waren, wie sie das erlebt haben – und dann hast du ein privates, das exzellent ist! Aber dafür musst du dann cashen.

Zahlen ist ein gutes Thema, Geld welche Arbeitsmodelle sehen Sie in der Zukunft – und wie stehen Sie zum bedingungslosen Grundeinkommen?

Wir haben gerade vorher darüber gesprochen, nur haben wir es nicht so genannt. Wenn du zum Beispiel das ASVG in diese Richtung erweitere, dass alle Jugendlichen ab einem gewissen Alter das Anrecht haben, Arbeitslose zu beziehen, und alle Pensionisten beziehen eine gewisse Mindestpension, das geht in Richtung Grundeinkommen. Die Arbeitslose darf nicht unter die Armutsgrenze gesenkt werden.

Wie schafft man es, möglichst vielen Leuten einen Job zu geben?

Indem man die Ökonomie anders organisiert, indem man die Arbeitszeitverkürzung einführt, indem man sinnvolle Produkte macht, indem soziale Arbeit finanziert wird, indem Kommunikationsarbeit finanziert und belohnt wird. Dann gibt’s Arbeitsplätze zuhauf!

Wie schaut denn die Energiepolitik der Zukunft aus?

Ich bin ja – das ist meine persönliche Meinung – nicht überzeugt davon, dass die sogenannten alternativen Energien in Wirklichkeit die Lösung sind. Ich glaube, dass die Lösung in Wirklichkeit die Reduktion des Energieverbrauchs ist. Der Energieverbrauch muss weltweit gesenkt werden. Wie das jetzt geht, darüber müsste man jetzt reden. Es gibt Wissenschaftler, Leute die das vorrechnen können, was es bringt, Arbeitsprozesse effektiver zu organisieren, Redundanzen weglässt, Monopole abschafft, die sich als Hemmnis erwiesen haben, wenn man keine Software mehr produziert, die ein Schas ist, weil sie nicht funktionieren, während andere nicht durchkommen, weil sie kein Geld und kein Vertriebsmodell hintersich haben.

Wie kommt denn Europa da hinein, das steckt und er Krise, der Euro wird aufgeweicht, scheitert wie stehen Sie zur Europäischen Einigung, zur europäischen Währung?

Da ist die Politik der europäischen Linken ein ganz wichtiger Hinweise. Was nötig ist: Es muss sofort aufgehört werden, die Banken zu füttern. Das sind Beträge, die können wir uns überhaupt nicht vorstellen. Die sind so gigantisch, dass die Vorstellungskraft gar nicht ausreicht, was da von der öffentlichen Hand genommen und in private gelegt wird. Es werden Gewinne privatisiert. In Wirklichkeit ist das eine Vollkaskoversicherung für die Bank- und Geldleute, die ohne Risiko arbeiten können, das heißt in Wirklichkeit spekulieren, Risikogeschäfte einzugehen und so weiter – und Banken ins Nichts zu führen, da sie aus der Sphäre der traditionellen Investmenttätikgeit der Bank aussteigen und spekulative Geschäfte betreiben. Hier ist eine Zäsur zu machen, dann haben wir eine völlig andere Lage. Das, was heute Staatsverschuldung heißt, ist in Wirklichkeit ein ideologischer Ausdruck. In Wirklichkeit handelt es sich darum, dass die Banken und die Geschäftsleute die Großen, die Monopole und Konzerne in Wirklichkeit die Banken geplündert haben, sich das, was geplündert worden ist aus öffentlicher Hand holen und die Staatsschuldenkrise hier ihre Ursache hat. Wie wird sie behoben? Indem die Staaten wiederum Kredite aufnehmen bei den Banken! Man muss sich dieses irre System einmal vorstellen. Es ist irre. Dieses System ist ein irrationales, das nu eine Devise kennt: Die Reichen reicher, die Armen ärmer zu machen.

Wir kommen zum Word-Rap, ich bitte um ganz kurze Antworten auf die Begriffe, die ich jetzt vorlese. Der erste ist „Euro“.

Ist ein Geld.

„Starbucks“.

Schlechter Kaffee.

„Pussy Riot“.

Nette Punks.

Linkspartei.

Was Gutes!

„Trotzki“.

Guter kommunistischer Politiker.

„Piraten“.

Harmlos. Auf dem Weg zur Palme und zurück.

Wir kommen wieder zu einem etwas ernsteren Thema: Wie finanziert sich denn die KPÖ eigentlich? Es gab ja Anfangs auch den Support aus Russland?

Das ist ein Irrtum. Die KPÖ hat nach dem Zweiten Weltkrieg ein paar Firmen gehabt, wo sie Geschäfte vermittelt hat über den Eisernen Vorhang hinüber und davon Provisionen bezogen. Das war ihre Firma in der DDR, über die die Provisionen gelaufen sind, davon hat sie ihre Ausgaben finanziert. Heute leben wir von den Spenden, Kommunistinnen und Kommunisten sind sehr spendenfreudig. Unser Budget ist extrem niedrig, das kann ich sagen. Wir haben dann noch den „Globus“ verkauft, da haben wir noch ein paar Ersparnisse, da leben wir davon. Das ist in kurzen Worten die Finanzierung der KPÖ. Von der Sowjetunion als Partei zu Partei haben wir nie Geld empfangen.

Was ist denn das Budget für die nächsten Neuwahlen? Ist ein Antritt geplant in Kärnten, Niederösterreich und Tirol? Ohne Budget kann man schwer antreten, welche Summen sind da reserviert?

Das ist schwierig, da werden wir erst einsmal darüber reden. Dort wo wenig ist, muss man feste streiten, wie man das aufteilt. Bei den letzten Wahlen haben wir etwas über 100.000 Euro Wahlbudget gehabt.

Das kann ich Ihnen sagen, ist etwa das 10- bis 100-fache, das anderen Kleinparteien zur Verfügung steht, wie etwa ein Liberales Forum. Das heißt, das ist relativ viel Geld für eine Kleinpartei in Österreich, was machen Sie damit?

Plakate drucken, Postversand, ein paar Flugschriften, und das Geld ist weg. Relativ einfach. Das kann man sich schnell ausrechnen, wieviel so etwas kostet.

Angenommen, es würde gut eingesetzt und angenommen, die negativen Effekte würden Sie nicht treffen, Sie wären eine starke Fraktion im Parlament. Was wäre denn dann anders, woran würde es die Bevölkerung merken?

Zuerst einmal müssten wir schauen, dass wir den Druck verstärken in Richtung Einführung von Vermögenssteuer, Einführung von Steuern auf Millioneneinkommen, bzw. auf Millionenvermögen, eine Wertschöpfungsabgabe. Wir müssten Sachen einleiten, die in Richtung Umverteilung der gesellschaftlich geschaffenen Werte, die derzeit von unten nach oben läuft, gehen. Wir haben jetzt oben eine Spitze von einem Prozent, die über ein Drittel des gesamten Vermögens in Österreich besitzt. Weitere neun Prozent besitzen ein weiteres Drittel, 90 Prozent den Rest. Das ist eine Irrationalität für eine menschliche Gesellschaft, wo ich glaube, das ist nicht normal.

Also Umverteilung wäre das, was man am meisten merken würde?

Umverteilung, ja. Alle Methoden die in diese Richtung führen. Das ist einmal das erste, das ändert noch nicht das System, aber es erleichtert das Leben der Menschen.

Um dorthin zu kommen, muss man Wahlen gewinnen. Was sind denn die Ziele?

Das Ziel ist, ein Mandat zu kriegen. Dafür tritt man an bei Wahlen.

Wo geht’s los, in Kärnten?

Wahrscheinlich, da das in Kärnten durch die Hartnäckigkeit der Rechten blockiert wird, wird das erst im Herbst so weit sein. Dann in Tirol und Niederösterreich, und dann sind eh schon die Bundeswahlen.

Es ist geplant, bei all diesen Wahlen anzutreten und Mandate zu gewinnen.

Natürlich, ja: Anzutreten und Mandate zu erringen.

Ich bedanke mich sehr herzlich für das Gesprächen, bedanke mich bei unseren Zuschauerinnen und Zuschauern fürs Dabeisein und freue mich auf das nächste Sommergespräch hier in den ichmachpolitik-Studios hier im sommerlich-heißen siebten Bezirk. Danke!


neuwal Sommergespräch 2012 mit Mirko Messner (KPÖ)

Mirko Messner ist ein österreichischer Slawist und kommunistischer Politiker und seit März 2006 Bundessprecher der KPÖ. Nach der Matura studierte er Slawistik und Germanistik an der Universität Wien, an der er auch, 1977, promovierte. Vor seiner Tätigkeit als Publizist führte Messner zeitweilig ein EDV-Unternehmen.

Bereits als Jugendlicher engagierte er sich politisch im Verband Sozialistischer Mittelschüler Kärntens. 1973 trat er in die KPÖ ein. Als er seine Auffassung von Nationalitätenpolitik in der Frage der slowenischen Minderheit in der Partei nicht durchsetzen konnte, legte Messner 1987 alle Parteiämter (unter anderem war er Mitglied des ZK) nieder und kündigte seinen Job als Parteiangestellter. Nach dem Grazer Erneuerungsparteitag der KPÖ war er zunächst bei der Neukonstituierung der KPÖ in Klagenfurt aktiv und wurde schließlich in den Bundesvorstand der Partei und zu deren Minderheitensprecher gewählt. Im März 2006 folgte schließlich die Wahl zum Bundessprecher. Dieses Amt übte er gemeinsam mit Melina Klaus aus.


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