„Das hat sich Kärnten nicht verdient.“ – ORF Sommergespräche 2012 mit Josef Bucher, BZÖ. Die Analyse
Josef Bucher, BZÖ: Als Parteivorsitzender der schwächsten Partei hat er die Bürde, als Erster Armin Wolf gegenüber sitzen zu müssen. Wie er sich geschlagen hat? Eine Analyse.
Armin Wolf interviewt BZÖ-Chef Josef Bucher
Datum: 13. August 2012
Ort: Burg Petersberg, Friesach, Kärnten
Zuseher: durchschnittlich 613.000
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Der bekannteste TV-Journalist Österreichs trifft auf den unbekanntesten Parteivorsitzenden des Landes … ein ungleiches Duell? Armin Wolf, mit iPad, Gutachten und Kärtchen bewaffnet sitzt Josef Bucher gegenüber, mit dem idyllischen Blick hinab nach Friesach, der ältesten Stadt Kärntens und der Heimatgemeinde des Interviewten. Innerhalb von 50 Minuten erfuhr man so manch Überraschendes: dass Bucher Landeshauptmann von Kärnten werden möchte und er zugleich Spitzenkandidat des Bundes-BZÖ bleiben wird. Dass Karl-Heinz Grasser eher ihm ähnle und nicht umgekehrt. Und dass eine saubere Partei Pflicht ist: aber nicht rückwirkend, sondern ab jetzt. Es war kein glorreicher Auftritt Buchers und leider auch kein Meisterstück Wolfs. Eine kleine Analyse.
„Zunächst möchte ich etwas sagen, das ist mir ein persönliches Anliegen: nämlich, dass man Kärnten nicht so schlecht macht. Kärnten ist nicht so schlecht und die Menschen schon gar nicht in unserem Land. Und ich halte es für sehr fahrlässig, dass man Kärnten – auch von Wien gesteuert aus – in ein so schlechtes Licht rückt. Das hat sich Kärnten nicht verdient. […] Deshalb stelle ich mich schützend vor mein Heimatland, als einer, der dieses Land und die Menschen liebt.“
Josef Bucher ist prädestiniert: war er bis gestern noch BZÖ-Bundesparteichef, so fühlt er sich offensichtlich in der Rolle des BZÖ-Spitzenkandidaten für Kärnten sehr wohl. In einer Vorab-Presseaussendung auf OTS wurde schon um 15.34 Uhr bekannt, dass Bucher bei der Suche nach einem Spitzenkandidaten, ähnlich wie Frank Stronach, bei sich selbst fündig wurde. Und natürlich ist es eine Gemeinheit, wie Kärnten da steht, und natürlich ist es die reine Boshaftigkeit der Menschen aus Nicht-Kärnten Schuld daran und – beinahe schon Haider-like – kann dahinter nur die furchtbare Politik- und Medienkombo aus Wien stecken. Selbst Laien erkennen hier, bei wem Bucher sein Handwerk gelernt hat und wer zu seinen politischen Vorbildern zählt.
Und weil Jörg Haider immer noch schillernd über Kärnten wacht, selbst beinahe vier Jahre nach seinem Tod, wagt es Bucher nicht, schlecht über ihn zu reden. Denn er und alle Kärntnerinnen und Kärntner haben Respekt vor den Toten und sagen dann auch nichts Böses mehr darüber. Egal ob es stimmt oder nicht. Wolf zählt jene Fälle auf, für die sich Haider, wäre er nicht verstorben, heute rechtfertigen müsste. Bucher macht es sich leicht und vermutet statt einem „System Haider“ ein System der ÖVP, dass er auch auf Bundesebene sehe.
„Jörg Haider hatte nie eine Alleinregierung in Kärnten … er brauchte immer entweder die SPÖ oder die ÖVP für die Mehrheiten, für die Beschlüsse.“

Im Anschluss vergibt Wolf (zu) viele Minuten damit, über Josef Buchers Vergangenheit (weit vor der Politik) zu sprechen, die unspektakulärer und österreichischer kaum sein könnte. Man spricht über die Leidenschaft des Kochens, über rein äußerliche Ähnlichkeit zu Karl-Heinz Grasser in den 00er-Jahren und über das Leben als Quereinsteiger. Habe es ihn nicht interessiert, woher das kleine BZÖ so viel Geld für den Wahlkampf 2008 hatte? Natürlich nicht, gibt Bucher zu verstehen, aber er finde die Millionen für Plakate sowieso ein Verbrechen am Steuerzahler. Und habe er nicht einmal nachgefragt, was es mit Peter Westenthaler und dem Glücksspiel-Gutachten auf sich hat? Natürlich nicht, denn es sei ja nicht seine Aufgabe als Bundesparteiobmann, in solchen Themen nachzubohren. Eindeutig falsche Antworten. Dass er das Gutachten nicht kennt, ist noch dazu mehr als lächerlich. Als Wolf nachfragt, warum Gorbach nach Vorwürfen aus dem BZÖ rausgeschmissen wurde, und Peter Westenthaler nach Verurteilungen und neuen Vorwürfen immer noch stellvertretender Klubobmann des BZÖ ist, stottert Bucher nur mehr daher, dass er sich nicht diktieren lasse, wer gehen müsse und wer nicht … jetzt solle die Justiz entscheiden.
„Bündnis Zukunft Österreich und nicht Bündnis Vergangenheit Österreich heißt unsere Partei.“
Und wenn Josef Bucher in die Glaskugel schaut und in die nahe Zukunft blickt, sieht er sich, am Gipfel seiner politischen Karriere. Denn er wird Spitzenkandidat des BZÖ in Kärnten sein, und sein dezidiertes Ziel ist es, Landeshauptmann des südlichsten Bundeslandes zu werden. Ein beachtlicher Traum, kommt das BZÖ doch bei aktuellen Umfragen zwischen 1-3% und 9-11%. Eindeutig schwer gefallen ist ihm, zu zeigen, wie sehr er Kärnten wirklich liebt: Sollte er Landeshauptmann werden, würde er das Amt natürlich antreten. Sollte jedoch die Wahl realistisch ausgehen und er einen Sitz im Landtag bekommen, würde er seinen politischen Weg im Bund weitergehen. Er ist also somit ein Spitzenkandidat für Kärnten, der nicht in Kärnten arbeiten will. Zudem vermutet er, dass bei einer nahenden Kärntenwahl Dörfler, Dobernig und die Scheuch-Brüder Geschichte sein werden. Als Armin Wolf meint, dass das BZÖ bei den vergangenen Landtagswahlen keine Erfolge vorweisen konnte, nimmt Bucher das schlechtest mögliche Beispiel: Kärnten. Er habe sich doch gerade von Dörfler, Dobernig und den Scheuchs distanziert und brüstet sich nun mit deren Wahlerfolg, fragt Wolf nach. Nein, nein. Das war kein Wahlerfolg von Dörfler, sondern einer des BZÖ. Wie auch immer.
„Nein, ich bin für eine gemeinsame Währung der starken Volkswirtschaften im Norden.“

Bucher betont, wie schon so oft, seine Skepsis gegenüber den Milliardenhilfen der Europäischen Union, des IWF und die Einrichtungen wie ESEF oder ESM. Er möchte, dass Österreich gemeinsam mit Deutschland, Frankreich und den Niederlanden aus dem Euro-Raum austritt und eine eigene, gemeinsame Währung dieser „starken Volkswirtschaften“ erschaffen. Und sollten diese anderen Ländern, wie Wolf meint, nicht mitziehen wollen, könnte eine weitere Alternative sein, dass sich Österreich wieder in Richtung einer eigenen nationalen Währung bewegt, was Bucher aber „dezidiert nicht möchte“. Die Alternative, beim Euro zu bleiben, schließt er aber aus.
Fazit: mäßig spannende Auftaktsendung der Sommergespräche 2012 des ORF. Wie jedes Jahr leiden sie leider wieder unter einem großen Problem: sobald man mit der Aufarbeitung der vergangenen 12 Monate fertig ist, bleiben maximal 10-15 Minuten, um über tagespolitische Themen, über Visionen, Ideen oder Wünsche zu sprechen. Sommergespräche mit 50 Minuten verfehlen leider ihr Ziel und so wäre es nicht unklug, wenn man sich für 2013 vielleicht endlich auf ein eineinhalbstündiges Format entscheiden könnte. Wolf hat teilweise zu viele Minuten mit demselben Thema vergeudet, wo schon im Vorhinein klar war, dass Bucher darauf nicht antworten wird.. Josef Bucher hingegen hat bewiesen, dass er es vielleicht eh gut meint, aber sich wohl einfach nicht durchsetzen kann, will oder möchte, wie man am Beispiel Westenthaler am Besten sieht.
Dominik Leitner
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