Die Medien berichten zwar nun bereits fast täglich darüber, es wird (in Deutschland) sogar zum Politikum: Doch selten wird erklärt, was Fracking eigentlich ist? Warum protestieren Politiker dagegen? Welche Gefahren birgt es?

Was bedeutet Fracking?

Fracking (oder auch: Hydraulic Fracturing) bezeichnet eine neuartige Form der Erdöl- und Erdgasförderung. Dabei wird bis zu rund 5 Kilometer in die Erde gebohrt (und mit Querbohrungen finalisiert), unter Druck eine Mischung aus Wasser und Chemikalien hineingepumpt und dabei Risse im Reservoirgestein (also Steine, welche normalerweise zur Wärmegewinnung angebohrt werden) erzeugt. Durch diese Risse entweicht auch Erdgas (und Erdöl) und kann so effektiver an die Oberfläche befördert werden. 1

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Abbildung 1: Diese Grafik stellt den Vorgang genau dar: Fracfluid wird die Mischung aus Wasser und Chemikalien genannt – und am Ende der Bohrung findet durch den massiven Druck ein künstliches Erdbeben statt.

Dieses Kurzvideo von ZDF erklärt es kurz und bündig:

Ein weiteres Video einer Fracking-Firma:

Es ist also eine andere Form der Förderung fossiler Brennstoffe: Worin liegt die Gefahr?

Wie die obige Grafik aufzeigt, kommt es u.a. zu einem (gewollten, da dies das Prinzip von Fracking ist 2) künstlichen Erdbeben: dies ist bis zu 5.000 unter der Erde nicht natürlich nicht ungefährlich und hätte eventuell auch Auswirkungen an der Erdoberfläche. Außerdem fürchtet man sich vor einem vergifteten Trinkwasser (da in den Schichten über der Bohrung Grundwasser gelagert ist) 3. Wie groß die Gefahr für das Grundwasser ist, ist aktuell noch absolut unkalkulierbar. 4. Im Internet sind mehrere Berichte über Chemikalien im Grund- und Trinkwasser durch Fracking zu finden, zum Teil aus 1987 5, zum Teil aus 2011 6.

Wo wird Fracking angewandt?

Der (große) Fracking-Trend ist noch relativ neu: in den US-Bundesstaaten North Dakota und Montana z.B. hat sich die Tagesproduktion von 2006 bis 2012 von Null auf rund 500.000 Barrel Öl gesteigert. Damit fördert North Dakota bereits mehr Öl als Alaska, mit steigender Tendenz 7.

Im Bundesstaat New York, in Frankreich und Südafrika ist Fracking gesetzlich verboten. Innerhalb der EU plant vor allem Polen die Förderung durch Fracking in den nächsten Jahren zu intensivieren 8.

In Deutschland ist das Fracking-Zentrum Niedersachsen: dort wurden die meisten der (seit 1961 stattgefundenen) 300 Fracs durchgeführt. Aber erst 1994 wurde neben einer vertikalen Bohrung auch eine horizonatle Bohrung vorgenommen. ExxonMobil, der große US-Energiekonzern hat 2008 in Niedersachen und Nordrhein-Westfalen Aufsuchungsprojekte gestartet, diese aber inzwischen eingestellt.

Was sind die Vorteile von Fracking?

Laut N24 könnte der deutsche Gasbedarf durch Fracking bis zu 27 Jahre lang gedeckt werden. Das bedeutet, dass das Land von Gasimporten aus dem Ausland für einige Zeit viel weniger abhängig wäre. 9

Obwohl die spezifischen Förderkosten um 70% höher sind als bei herkömmlich gefördertem Erdgas lohnt es sich für die Energieunternehmen trotzdem, Fracking einzusetzen, da der Verkaufspreis die Förderkosten immer noch übersteigt 10.

Die Fracking-Blase

In einem Artikel der Le Monde Diplomatique werden Bedenken geäußert, ob der große Fracking-Boom in den USA nicht auf einer Blase ähnlich der Immobilienblase aufbaut. Durch das hohe Schiefergasaufkommen und die massive Förderung sinkt zwar der Preis für Konsumenten, aber auch der Gewinn für die Förderunternehmen. Außerdem warnt man davor, dass hier offenbar mit falschen (bzw. übertriebenen) Zahlen spielt.

Dabei ist die Botschaft nicht schwer zu verstehen: Der neue Gasüberfluss kündigt keineswegs die nächste Phase dauerhaften Wohlstands an. Es handelt sich um eine künstliche Blase, die die grundlegenden strukturellen Instabilitäten nur kurzzeitig verdecken kann. Wenn diese Blase platzt, wird sie eine Versorgungskrise und eine Preisexplosion auslösen, die für die Weltwirtschaft schwere Folgen haben könnte. 11

Was ist Clean-Fracking und was hat das mit Österreich zu tun?

Die Montanuni Leoben und die OMV haben im Weinviertel ein Pilotprojekt namens „Clean-Fracking“ gestartet. Statt Chemikalien wurden dabei ausschließlich Wasser, Bauxit-Sand und Stärke eingesetzt. 2012 wurde das Projekt wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt 12. Probebohrungen in Poysdorf und Herrnbaumgarten wurden nach Bürgerprotesten von den politischen Entscheidungsträgern verboten.

Was sagen Wissenschaftler zu Fracking?

In einem Fragen-Antwort-Beitrag auf USA Today Robert Jackson, welcher den „Nicholas Chair of Global Environmental Change“ an der Nicholas School of the Environment innehat und Professer des Biologie-Departments an der Duke University ist den Fragen der Interessierten.

Auf die Frage, welche Chemikalen benutzt werden, erzählt Jackson:

Last week, Congress released the first national inventory of the 750 or so chemicals used in drilling and hydraulic fracturing. Many of the chemicals are harmless. Others aren’t. Some of the most concerning include carcinogens such as benzene, naphthalene, and diesel, hazardous air pollutants such as toluene and hydrochloric acid, and other chemicals, including 2-butoxyethanol, ethylene glycol, and lead. 13

Vereinfacht gesagt: Der Großteil der rund 750 benutzen Chemikalien sei unbedenklich, einige wenige hingegen nicht. Einige dieser Chemikalien werden wieder heraufgepumpt, andere verbleiben im Erdboden. Als er nach der Gefahr für das Trinkwasser gefragt wird, spricht er von drei potentiellen Gefahren:

There are three concerns about drinking water. One is the possibility that the chemicals in fracking fluids could leak into drinking water – from the surface, through the well casing or cement, or, less likely, moving upwards from deep underground. Another is that the brines or, less commonly, radioactivity from naturally deep waters could leak into drinking water. The third is that gases such as methane, ethane, and propane, could leak into the water. Our work has found evidence only for the last type of contamination. 14

In Deutschland entstand ein „Informations- und Dialogprozess der ExxonMobile über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking-Technologie zur Erdgasgewinnung“ gegründet. Dabei wurde ein Expertenrat aus Wissenschaftlern einberufen, um durch verschiedene Studien die Risikogefahr zu eruieren. In ihrem Abschlussbericht nennen sie Worst-Case-Szenarien, welche durch Fracking passieren könnten.

Worst-Case-Szenarien in technischen Einrichtungen

  • Blow-Out
  • Leck eines Chemikalienbehälters auf dem Bohrplatz/Lkw-Unfall
  • Leck Abwasser-Pipeline
  • Undichtes Bohrloch

Szenarien zum Transport von Schadstoffen unter konservativen Bedingungen

  • Aufstieg Frack-Flüssigkeit
  • Transport von Frack-Flüssigkeit im Tiefenwasser
  • Aufstieg Methan
  • Aufstieg Abwasser
  • Transport von Abwasser im Tiefenwasser 15

Die auf das Abwasser bezogenen Szenarien sind grundsätzlich mit den Szenarien der Frack- und Produktionsbohrung vergleichbar. Sie werden daher nicht gesondert beschrieben.

Das sind wie gesagt „Worst-Case-Szenarien“ – grundsätzlich kam man zu dem Fazit:

„Für ein generelles Verbot der Fracking-Technologie sieht der Neutrale Expertenkreis keine sachliche Begründung. (…) Angesichts der neuartigen Risikodimension hält er jedoch eine Herangehensweise in vorsichtigen Schritten für angemessen.“ 16

Der Sachverständigenrat des deutschen Umweltamtes (seit 1972 ein Beratungsinstitut für die Bundesregierung) ist erst kürzlich zu einer Erkenntnis gekommen:

Nach Ansicht des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) hat das sogenannte Fracking keinerlei Vorteile für die Energiewende. „Die Gewinnung von Schiefergas in Deutschland wird die Energiepreise nicht senken und auch keinen nennenswerten Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten können“, heißt es in einer Stellungnahme der Sachverständigen. 17

Der amerikanische Energytycoon T. Boone Pickens sieht die Zeit für „alternative Energieformen“ noch nicht gekommen und sieht die nahe Zukunft in einem TED-Talk im Erdgas.

Gefährdet das Erdgas das deutsche Bier?

Was ist das Aushängeschild der deutschen Bierbrauer? Genau: Das Reinheitsgebot. Und eben dieses sehen sie durch Fracking in Gefahr. Da man bis heute nicht wissen könne, welche Auswirkungen Fracking auf das Grundwasser haben könnte, sehen die Brauer als Grund zur Besorgnis. Denn: „Nach dem deutschen Reinheitsgebot, das am 23. April 1516 ausgerufen wurde, gehören nur Wasser, Hopfen und Geste ins Bier“ – potentielle Verunreinigungen durch den Wasser-Sand-Chemikalien-Mix haben darin nichts zu suchen 18.

Grundsätzlich hätte ein Gesetzesentwurf der Schwarz-Gelben Koalition vorgesehen, vor allem den Bereich rund um den Bodensee und wichtige Wasserschutzgebiete zu schützen. 85% von Deutschland wäre für Fracking zugelassen wurden. Doch das Reinheitsgebot ist den Deutschen offenbar heilig und so bekommen die Brauereien Rückendeckung aus der Politik – und dabei selbst aus FDP, CSU und natürlich von den Grünen und der SPD.

Fracking in Österreich – ist es möglich?

meinparlamentatLaut einer Fragenbeantwortung auf meinparlament.at erklärt der NÖ Energie-Landesrat Dr. Stephan Pernkopf, dass man sich bereits im Februar 2012 dazu bewegt sah, die angestrebten Schiefergas-Probebohrungen nicht zuzulassen. Und auch der „NÖ Energiefahrplan 2030“ sieht keinen Ausbau der Förderung von fossilen Energieträgern in Niederösterreich vor 19.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner erklärt, dass Fracking in Österreich noch nicht einmal beantragt wurde und das man Fracking bereits ins „Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz“ (UVP-G) aufgenommen habe und es dahingehend verschärft hat. Er schließt aber abschließend nicht aus, dass man zur Versorgungssicherheit für die Bevölkerung und die Wirtschaft weiter objektiv prüfen müsse, welche Optionen möglich sind 20.

Was sagen die einzelnen österreichischen Parteien dazu?

Die SPÖ Vorarlberg hat sich, als die Gesetzesvorlage in Deutschland im Gespräch war, bereits mit großer Sorge zu Wort gemeldet und sich strikt gegen Fracking ausgesprochen und dabei Rückendeckung von VP und den Grünen bekommen. Christina Brenner, Umweltsprecherin der Grünen hat am 21. Mai sogar einen Antrag gegen Schiefergasförderung im EU-Hauptausschuss eingebracht 21. Auf der Website der ÖVP konnte ich keine Informationen finden, in einem Interview mit die Presse spricht Wirtschaftsminister Mitterlehner, dass Fracking nicht grundlegend abzulehnen sei, man an Projekten ohnen Chemikalien weiterforsche und die Akzeptanz in der Bevölkerung finden müsste.

Ich glaube, die Sachlage wird uns dazu zwingen. Vor allem könnten wir mehr Druck auch auf die anderen Anbieter erzeugen, wenn wir bestimmte europäische Produktionen nach oben fahren 22.

Auf den Websites der FPÖ, des BZÖ und des Team Stronachs findet man keinerlei Suchergebnisse, wenn man nach „Fracking“ sucht.

So wie es aussieht, ist Fracking bei den Bundesparteien in Österreich (bis auf die Grünen) noch nicht auf der Agenda aufgetaucht. Auf Landesebene hat es bisher auch nur Niederösterreich (durch das bereits eingestellte Programm der OMV und der Montanuniversität Leoben) sowie Vorarlberg (durch die Nähe zu den potentiellen Fracking-Ländern Deutschland und der Schweiz) betroffen. Die große Diskussion ist bisher jedoch ausgeblieben.

Noch Fragen?

Am Besten einfach hier als Kommentar posten. Wir versuchen dann, die Fragen zu beantworten und werden den Artikel gegebenenfalls erweitern und updaten. Vielen Dank schon einmal an Team rund um meinparlament.at!

Hinweis
Die hier gesammelten Informationen sollen einen Überblick über das Thema Fracking verschaffen. Die Angaben sind jedoch ohne Gewähr. Wir haben unzählige Quellen studiert um die aufgetauchten Fragen zu beantworten. Sollten sich Unstimmigkeiten oder Fehler eingeschlichen haben, freuen wir uns über einen Kommentar – der Artikel wird dann natürlich auf Basis des neuen Wissens erweitert und abgeändert.

Status
Version 1.0 – Dienstag, 4. Juni, 8.00 Uhr
Version 1.1 – Mittwoch, 5. Juni, 9.30 Uhr – Einfügen eines zweiten Videos, Einarbeiten des Le-Monde-Diplomatique-Artikels in die neue Frage: „Die Fracking-Blase“
Version 1.2 – Mittwoch, 5. Juni, 22.45 Uhr – Einen Fehler im Absatz „Hinweis“ beseitigt.
Version 1.3 – Donnerstag, 6. Juni, 12 Uhr – Einen gravierenden Fehler im Absatz „Die Fracking-Blase“ ausgebessert.
Version 2 – Donnerstag, 6. Juni, 12.30 Uhr – Einbauen von wissenschaftlichen Wortmeldungen im Absatz: „Was sagen Wissenschaftler zu Fracking?“

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Bildquellen

  1. Abbildung 1: Mikenorton (Übersetzung: Maxxl2) auf wikicommons.org, Creative Commons Lizenz, Abrufdatum: 3. Juni 2013
    Titelbild: AttributionNoncommercialShare Alike Some rights reserved by SenatorMarkUdall

Quellen und Fußnoten:

  1. o.V. (2013): Hydraulic Fracturing auf de.wikipedia.org, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  2. o.V. (2013): Hydraulic Fracturing auf de.wikipedia.org, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  3. Bojanowsky, Axel (2013): Umstrittene Erdgasförderung: Forscher wollen Fracking in Deutschland auf spiegel.de, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  4. o.V. (2011): Fracking – Gefahr fürs Trinkwasser auf energiezukunft.eu, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  5. Krüger, Jörn (2011): US-Studie zeigt: Fracking kontaminierte mehrfach Trink- und Grundwasser – Studie in NRW wird bald ausgeschrieben auf unkonventielle-gasförderung.de, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  6. Krüger, Jörn (2011): USA: Fracking-Chemikalien und thermogenes Methan erneut im Grundwasser und Trinkwasser nachgewiesen
  7. o.V. (2013): Hydraulic Fracturing auf de.wikipedia.org, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  8. Krökel, Ulrich (2011): Polens riskanter Traum vom Gas-Reichtum auf zeit.de, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  9. o.V. (2013): Was ist „Fracking“? auf n24.de, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  10. o.V. (2013): Hydraulic Fracturing auf de.wikipedia.org, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  11. Ahmed, Nafeez Mosaddeq (2013): Die nächste Blase auf monde-diplomatique.de, Abrufdatum: 5. Juni 2013
  12. o.V. (2013): Projekt Schiefergas auf omv.at, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  13. Brown, Desair (2013): Expert answers your question on fracking auf USAToday, Abrufdatum: 6. juni 2013
  14. Brown, Desair (2013): Expert answers your question on fracking auf USAToday, Abrufdatum: 6. Juni 2013
  15. Informations- und Dialogprozess der ExxonMobil über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking-Technologie für die Erdgasgewinnung (2012): Risikostudie Fracking (PDF), Abrufdatum: 6. Juni 2013
  16. Garms, Anja (2013): Warum Fracking so extrem umstritten ist auf welt.de, Abrufdatum: 6. Juni 2013
  17. o.V. (2013): Umweltrat rät von Fracking ab auf sueddeutsche.de, Abrufdatum: 6. Juni 2013
  18. Dierig, Carsten (2013): Fracking gefährdet Reinheitsgebot des deutschen Biers auf welt.de, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  19. Watschka, Johann (2013): Beantwortung der Frage von Christine Kiesenhofer auf meinparlament.at, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  20. Mitterlehner, Reinhold (2013): Beantwortung der Frage von Ingrid Schwarcz auf meinparlament.at, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  21. Grüner Klub im Parlament (2013): Glawischnig zu EU-Gipfel: Schiefergas und Atomkraft falsche Weichenstellungen für Europa auf ots.at, Abrufdatum: 3. Juni 2013
  22. Nowak, Rainer (2013): Fracking: „Glaube, die Sachlage wird uns dazu zwingen“ auf diepresse.com, Abrufdatum: 3. Juni 2013