Ein neuer Anlauf von Infrastrukturministerin Doris Bures soll die umstrittene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (Hintergründe auf derstandard.at) nun doch auch in Österreich Realität werden lassen. Mit der Justizministerin hat sich Infrastrukturministerin Bures jedoch nicht abgesprochen. Bandion-Ortner ist nicht die Einzige, die sich darüber „not amused“ zeigt.

Dose - Daten im eigenen Saft, (C) sxc.hu / Chris Greene, Bildbearbeitung: Stefan Egger
(C) sxc.hu / Chris Greene, Bildbearbeitung: Stefan Egger
Worum es dabei geht
Sämtliche Verbindungsdaten von Internet-, Telefon- und Mail-Anwendern sollen generell ein halbes Jahr gespeichert werden – völlig unabhängig davon ob ein Tatverdacht vorliegt oder nicht. Big Brother lässt grüßen: Künftig können Behörden auf Knopfdruck, wer wann von wo nach wo mit wem kommuniziert hat, wer welche Internetseiten besucht hat.

Übertriebene Ängste?
Um schwere Straftaten einfacher verfolgen zu können, so der Tenor. Dass bei dieser Form präventiver Überwachung Kosten und Verlust an Bürgerrechten die angeblichen Vorteile bei weitem übersteigen, wird nobel verschwiegen. Die Novelle ist noch gar nicht umgesetzt, werden auch schon neue Begehrlichkeiten wach. So könnte man doch den Zugriff schon bei kleineren Delikten ermöglichen und Internet-Daten auch bei Copyright-Verletzungen als Beweismittel heranziehen… und das sind nur die ersten Ideen!

Ausnahmen von der Regel
Einige Konzessionen machte Bures im zweiten Anlauf nach weitreichender Kritik übrigens doch: Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Anwälte, Journalisten oder Seelsorger sollen ausgenommen sein. Lustigerweise wollte die EU auch kleinere Unternehmen von der Aufzeichnungspflicht befreien, um nicht allzu hohe Zusatzkosten zu verursachen – was das Thema wohl endgültig ad absurdum führt… denn wer in Zukunft etwas verbergen WILL, wird das auf diesen Wegen einfach tun können. Unbescholtene Bürger hingegen werden präventiv und im großen Stil überwacht…

Dr. Hans Zeger, http://www.zeger.at - Fotograf Georg Lembergh
Dr. Hans Zeger, http://www.zeger.at - Fotograf Georg Lembergh
Wir haben bei Dr. Hans Zeger nachgefragt, der sich in Sachen Grund- und Menschenrechte seit vielen Jahren verdient gemacht hat, unter anderem als Vorsitzender der ARGE Daten oder als Mitglied des Datenschutzrates.
Stefan Egger (neuwal): Sehr geehrter Herr Dr. Zeger, was sagen Sie zum neuerlichen Anlauf, die Vorratsdatenspeicherung durchzubringen?
„Hat Bures auch nur einen Funken von Selbstachtung, dann lässt sie den Entwurf jedenfalls bis zu einer Evaluation auf EU-Ebene liegen!“
Dr. Hans Zeger: Wirklich Neues bringt der Entwurf nicht, insbesondere auch in Hinblick auf das Bures-Begleitschreiben. Hat sie auch nur einen Funken von Selbstachtung, dann lässt sie den Entwurf jedenfalls bis zu einer Evaluation auf EU-Ebene liegen, anschliessend sollte wieder eine Anpassung erfolgen und dann erst eine Begutachtung möglich sein.
Mein Eindruck ist, dass dieser Entwurf bloß eine Reaktion nach dem Motto „wir tun eh‘ etwas“ ist.

Mein Eindruck ist, dass dieser Entwurf bloß eine Reaktion auf das EuGH-Urteil ist, nach dem Motto „wir tun eh‘ etwas“.

Was sind die wirtschaftlichen und technischen Hürden?

Die Sperrliste ist praxisfremd und nicht nützlich.

Zeger: Die Sperrliste der Journalisten und sonstigen Geheimnisträger ist praxisfremd und so nicht nützlich. Die Daten werden ja weiterhin gespeichert und was einmal da ist, findet seinen Weg an die Öffentlichkeit (oder in falsche Hände).

Gibt es Verbesserungen im Vergleich zum ersten Entwurf?

Positiv ist, dass dem widerlichen VP-Spiel ein Ende bereitet werden soll.

Zeger: Positiv am Entwurf ist, dass ausdrücklich eine Änderung der StPO hineingeschrieben wurde, in der der Begriff  „schwere Straftaten“ geregelt wird. Damit sollte dem widerlichen VP-Spiel ein Ende bereitet werden, dass zuerst einmal die Daten gesammelt werden und dann Fekter, Bandion und Co (sprich: die Kopierindustrie und ähnliche VP-Günstlinge) entscheiden, wann und wozu die Daten verwendet werden.

Warum darf man Sie nicht mehr als Datenschützer bezeichnen?
In [Frau Fekters] Gesellschaft möchte ich nicht aufscheinen…

Zeger: Frau Fekter hat sich zur obersten Datenschützerin erklärt und will ihre menschenverachtenden Grausigkeiten immer unter „Einhaltung des strengsten Datenschutzes“ durchpeitschen. In einer derartigen Gesellschaft möchte ich nicht aufscheinen.
Thematisch passend von unseren Kollegen auf www.ichmachpolitik.at: Christof Tschohl vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte im Interview zum kürzlich von Verkehrsministerin Doris Bures vorgelegten Gesetzesvorschlag betreffend Vorratsdatenspeicherung in Österreich. Moderation: Markus Kienast